Eine Gruppe deutscher Akademiker hat die Bundesregierung aufgefordert, die "im Holocaust wurzelnde blinde Unterstützung für Israel" zu beenden. Die vier Wissenschaftler nahmen am Montag an einem Diskussionsabend in der israelischen Küstenstadt Netanja teil. Sie gehören zu den 25 Unterzeichnern eines israelkritischen Manifests, das nach dem Zweiten Libanonkrieg veröffentlicht wurde.
Die Diskussion, wie man als Mensch Israel und Juden gegenüber auftritt und sich äußert, ist schon an sich eine spannende.
Da wird auf der einen Seite der Antisemitismus als eine angeblich vernünftige Kritik oder als Antizionismus (Juden ja, Israel nein) getarnt.
Offen geäußerter Antisemitismus ist übrigens keine Seltenheit (siehe Irans Präsident Ahmadinedschad und die arabische Welt)! Aber viele versuchen ihn doch schamhaft zu verbergen (die deutsche Linke tarnt ihn gerne als Antizionismus).
Auf der anderen Seite gibt es - sagen wir mal sehr sensible - Juden wie auch Nichtjuden, die schnell den Antisemitismus wittern, wenn auch nur ein falsches Wort gesagt wird.
Vernünftige und konstruktive Kritik hat in dieser Konstellation einen schweren Stand.
Noch spannender wird es, wenn man ein Deutscher ist und dazu auch ein Christ. Denn Israel und Deutschland verbindet genauso eine besondere Beziehung wie Christen und Israel - im Guten wie im Schlechten.
Und auch hier wird polarisiert: Die einen werfen der Bundesregierung eine "blinde Unterstützung" vor und regen sich darüber auf, dass "deutsche Schuldgefühle hinsichtlich des Holocaust manipuliert [werden]", die anderen sehen Deutschland in einer ewigen Schuld gegenüber Israel und neigen zu einer wenig realitätsnahen Romantik.
Aber hier stellen sich 4 deutsche Wissenschaftler hin und verkünden auf einer Konferenz in! Israel, dass
Die Antwort der Israelis:
"Gleichzeitig ist dieses Manifest ein Versuch, deutsche Schuldgefühle hinsichtlich des Holocaust zu manipulieren, indem man sie auf die Palästinenser überträgt." Dabei sollten sich Deutsche, die sich schuldig fühlten, lieber an Polen, Niederländer und Juden wenden. "Es besteht kein Bedarf, so weit zu gehen, dass man sich für das schuldig fühlt, was mit den Palästinensern passiert."
Zu den vier deutschen Akademikern sagte der Israeli: "Sie sind in der Minderheit, aber sie lehren junge deutsche Geister, und wir können es uns nicht leisten, ihre Kritik als Antisemitismus abzutun. Wir müssen uns ihr entgegenstellen."
Ich habe selten die Ansicht angetroffen, dass wir als Deutsche Israel "blind" unterstützen. Davon kann hier keine Rede sein.
Im Gegenteil: Schaut man sich gewisse und durchaus einflußreiche Strömungen in Deutschland an, lebt der Antisemitismus in Deutschland und Israel kann sich weder über zu wenig Kritik und seltsam-romantisch Hinwendung mancher Deutscher zu den Palästinensern beklagen noch die Palästinenser über fehlende deutsche Solidarität (inklusive vieler €) und Blauäugigkeit.
Das einzige, was man sagen kann, ist: Der Antisemitismus zeigt sein Angesicht in Deutschland noch nicht so offenherzig wie in anderen Ländern dieser Welt.
Wenn sich 4 Wissenschaftler (philosophische Anthropologie / Frieden und Konfliktlösung) hinstellen und der deutschen Bundesregierung einerseits eine blinde Unterstützung für Israel vorwerfen und andererseits eine stärkere für die Palästinenser fordern, ist das unausgewogen und daher falsch.
Dienstag, 19. Februar 2008
Israel und Deutsche - Antisemitismus, Antizionismis oder vernünftige Kritik?
Eingestellt von Markus am 19.2.08
Labels: Antisemitismus, Gesellschaft, Israel
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