Freitag, 16. November 2007

Rededuell Kirchenmann Huber/Atheist Dawkins

Eingeladen waren:
Der eloquente evangelische Bischof von Berlin-Brandenburg, Wolfgang Huber, der Ratzinger-Schüler und katholische Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der Jesuit Heiner Geißler von Attac und Richard Dawkins, Buchautor, Oxford-Professor und Popstar der Atheisten.

Hmm, so richtig doll war das Gespräch nicht, ich hätte mir mehr erwartet. Es war keine Auseinandersetzung, keine wirklich festen Positionen, die da aufeinander trafen, sondern eher "Scharfmacher gegen Weichgespülte".
Es war wohl auch eher ein Tribunal, denn die Verteilung 3:1 ist ja nicht gerade die, die man ein für ein gutes Gespräch braucht.
Und es kamen ein paar sehr unschöne Wahrheiten ans Licht, die Dawkins den 3en abrang.
Z.B. Glauben wir als Christen an die Hölle und erzählen wir das den Leuten auch?

Ein paar Ausschnitte und Pressestimmen:
Huber meinte, das, was Dawkins in seinem Buch kritisiert, betreffe "kritikwürdige Entwicklungen innerhalb des Christentums", Dawkins halte "Zerrbilder des Glaubens für den typischen christliche Glauben", und überhaupt, in Deutschland und Europa finde sich ein ganz anderer Glauben als etwa in den USA. Der Hamburger Weihbischof Jaschke pflichtete Huber bei. An Dawkins gerichtet sagte der katholische Geistliche: "Es gibt Sekten, aber die sind doch nicht die Mehrheit der Christenheit. Übertragen Sie das nicht auf uns, das ist Propaganda."

Nur einmal kritisierte Huber die Evolution, indem er es ablehnte ein "Produkt des Zufalls" sein zu wollen. Dawkins entgegnete, die Rede vom Zufall sei falsch, die Evolution führe über Mutation und Auslese. Punkt. Niemand konterte. Damit war das Kernthema in der Auseinandersetzung mit dem Atheismus auch schon abgehakt!
Ausweichend - um nicht ihren Ruf als aufgeklärte und gebildete Akademiker anzukratzen - gaben die Theologen schliesslich auch noch zu erkennen, dass sie sich selbst von „Fundamentalismus“ distanzierten und z.B. Kreationismus Unsinn sei.

Weil jeder Glaube auf einer Offenbarung beruht und christlicher Glaube nun einmal auf der Bibel als geoffenbartem Wort Gottes, setzt Dawkins da an, wo die Wurzel allen christlichen Glaubens zu finden ist – er selbst würde sagen: die Wurzel allen Übels - in der radikalen Bibelkritik.
Dafür nimmt er die Bibel auseinander und das bei Kerner herausgegriffene Zitat aus Dawkins' Buch ist ein Beispiel für dessen Vorgehen: "Der Gott des Alten Testaments ist – das kann man mit Fug und Recht behaupten – die unangenehmste Gestalt in der gesamten Literatur: Er ist eifersüchtig und auch noch stolz darauf; ein kleinlicher, ungerechter, nachtragender Überwachungsfanatiker; ein rachsüchtiger, blutrünstiger ethnischer Säuberer; ein frauenfeindlicher, homophober, rassistischer, Kinder und Völker mordender, ekliger, größenwahnsinniger, sadomasochistischer, launisch-boshafter Tyrann."
Das sind Sätze, die Millionen Menschen gelesen haben und die Jaschke und Huber zu Recht entsetzt von sich weisen. "Wir sind Menschen mit Verstand, so etwas als Wissenschaftler zu behaupten, ist eine Empörung", sagte Jaschke.
Und weiter Jaschke: "Wir lesen die Bibel als Ganzes, der Schlüssel zu deren Verständnis ist Jesus Christus, wir picken nicht Einzelnes heraus. Dawkins verlässt die Methoden eines Wissenschaftlers."

Plötzlich war man mittendrin in der Diskussion um das Verständnis und die Auslegung der Bibel, die Dawkins auszunutzen wusste. "Die Frage ist doch: Welche Teile der Bibel nimmt man aber wörtlich, welche lehnt man ab?" Und konkret sagte er: "Nehmen Sie etwa die Lehre von der Hölle. Das ist eine Drohung, die mit einem liebenden Gott nichts zu tun hat."
Was kann man darauf antworten als Theologe, als Christ, der im Sonntagsgottesdienst im Glaubensbekenntnis sagt: "Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten."
Der Ex-Politiker Geißler leitete bei Kerner die Antwort der Dawkins-Gegner ein: "Man muss auch einmal Dinge über Bord werfen. Die Hölle ist mit dem Bild eines gütigen Gottes nicht übereinbringbar." Und Bischof Huber ergänzte: "Man muss den Leuten nicht androhen, dass sie in die Hölle kommen, weil sie sich einmal vor Gott zu verantworten haben. Dennoch darf es nicht so sein, dass wir uns das Bild eines niedlichen Gottes aneignen."
Dawkins musste eine Weile nachdenken. Mit dieser Art weichgespülter westeuropäischer Theologie musste er sich erst bekanntmachen. Dann konnte Dawkins nur beglückt zustimmen: "Ich freue mich sehr darüber, dass Kirchen in Deutschland nicht mehr an die Hölle glauben und diese nicht mehr lehren. Doch in Südamerika oder den USA wird das immer noch gelehrt."

Zwar behielt der Atheist insgesamt nicht die Oberhand (wie sollte er auch beim ungleichen Verhältnis von drei gegen einen?) aber wer genau hinhörte, der musste Dawkins – jedenfalls im Rahmen dieser Gesprächsrunde – Recht geben als er meinte, die Bischöfe würden eben nur das aus der Bibel herauslesen, was ihnen passe.
aus Medienmagazin "pro" Dawkins und die Kirchenmänner: Provokante Thesen und factum-magazin.ch ZDF-Talk: Dawkins säte Zweifel

Für "Welt Online" hat Chef-Kommentator Alan Posener einen Kommentar über die Debatte geschrieben.
"Mit weichgespülten westeuropäischen Theologen, die in schöner Einmütigkeit erklären, die Hölle habe für sie 'keine große Bedeutung', ihre Existenz werde von der Kirche 'eigentlich nicht' gelehrt (Jaschke), die 'Kritik der Höllenforschung' sei eine der Stärken der modernen Theologie (Huber) und überhaupt sei 'die Existenz der Hölle unvereinbar mit der Existenz eines gütigen Gottes' (Geißler) hatte Dawkins sichtlich seine Schwierigkeiten.
Wenn der Abend bei Kerner dennoch intellektuell interessant war, so eben deshalb, weil die Ausführungen der Dawkins-Gegner klar machten, wie sehr die christliche Religion in Deutschland heute einerseits zur reinen Lebensphilosophie, andererseits zur Magd der Politik verkommen ist."
aus welt.de Talkshow: Atheist Dawkins stellt sich Kerners Tribunal

Ich habe vor Huber in den letzten Wochen immer mehr Respekt gewonnen, weil er klare Positionen vertreten hat. Die Chance hat er hier eindeutig vertan.
Wer sagt, dass die Stärke der modernen Theologie die "Kritik der Höllenforschung" sei, der geht klar Richtung Allversöhnung (alle Menschen werden gerettet, selbst der Teufel darf am Ende wieder in den Himmel). Schade.

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