Donnerstag, 28. Februar 2008

Die Beschützer der "roten Heidi"

Von Ulrich W. Sahm

Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel erfährt keine derart offen getragene Ehre wie die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidi Wieczorek-Zeul, beim Besuch im Heiligen Land. Drei deutsche Polizisten in voller Montur, mit grünen schusssicheren Jacken und aufgeklebtem "Polizei"-Schild in leuchtenden weißen Lettern sowie einer Pistole im Halfter boten der Ministerin den Personenschutz. Ein vierter unauffälliger Herr verneinte, mitgereister Journalist zu sein. "Ich bin vom BKA." Zur Frage, wieso er denn keine so auffällige schusssichere Jacke trage, klopfte er sich auf die Brust: "Die trage ich unter dem Hemd."

Zwei Männer mit kurzgeschorenen Haaren und eine junge Frau waren als Polizisten mitgereist, während sich Personenschützer der Bundeskanzlerin oder des Außenministers bei ihren Israel und Palästina-Besuchen mit ihren dunklen Anzügen unauffällig unter die Diplomaten und Beamten mischen können.

Die Polizistin trug zudem an ihrer grünen Jacke einen Metallabzeichen, das nicht zum Standard deutscher Uniformen zählt: überkreuzte Flaggen Deutschlands und Palästinas. "Bei unserem ersten Termin in Israel hatten wir vergessen, die Polizeischilder vom Rücken und der Brust abzunehmen. Danach hatten wir sie einfach draufgelassen", erzählt sie. Das offene Tragen der Dienstwaffe sei "abgesprochen". Doch bei einem Besuch in Pakistan seien sie und ihre Kollegen in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. "Dort mussten wir die Waffe versteckt unter der Jacke tragen."

Entsprechend wohlgeschützt erschien die Ministerin im gepanzerten Mercedes der deutschen diplomatischen Repräsentanz in Ramallah beim Jerusalemer Ambassador-Hotel. "Gestern habe ich Israel besucht", hob die Ministerin an. "Heute ist Palästina an der Reihe", fuhr sie fort, während hinter ihr die deutsche, die europäische und die Flagge Palästinas aufgestellt waren. Die Bundesrepublik anerkennt zwar nicht die israelische Annexion des ehemals jordanischen Teils der Stadt Jerusalem. Aber noch gibt es keinen Staat Palästina mit Jerusalem als Hauptstadt. Unter dem Hoheitszeichen des künftigen Staates auf israelischem Territorium eine Pressekonferenz abzuhalten, zählt nicht zu den üblichen diplomatischen Gepflogenheiten.

Die Ministerin erzählte, am Dienstag den israelischen Präsidenten Schimon Peres getroffen und die von Raketen der Hamas beschossene Stadt Sderot nahe dem Gazastreifen besucht zu haben. Doch im Zentrum ihres Besuches stand eher "Palästina", wo sie im Flüchtlingslager Dschalasoun eine Mädchenschule und Entwicklungsprojekte besucht hat. Sie verkündete die Finanzierung palästinensischer "Reformprogramme" mit 200 Millionen Euro und hatte 200.000 Euro "Nahrungsmittelhilfe", der Flüchtlingshilfeorganisation UNWRA übergeben.

Ein Teil der neuen deutschen Hilfsgelder solle auch "zu den Menschen" in dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen fließen. Der vermittelnde Partner sei die UNO-Organisation UNDP. Mit unverbindlichen diplomatischen Formeln pochte sie auf einer Fortsetzung des Friedensprozesses, der in Annapolis einen Anstoß erhalten habe. Beide Seiten müssten die Vorgaben der "Roadmap" erfüllen. Ausdrücklich erwähnte sie einen Baustopp der israelischen Siedlungen und den Abriss israelischer Straßensperren im Westjordanland, weil die eine wirtschaftliche Entwicklung der Palästinenser behindern.

Zwar sagte sie, dass die Palästinenser die "Sicherheit Israels" respektieren müssten, aber die Ursachen für die Errichtung der Straßensperren wie des Sperrwalls mitsamt Zaun und Mauer, ließ die Ministerin unerwähnt.

Vielmehr stellte sie eine bislang nicht gehörte Forderung in den Raum: Israel sollte heute schon den Palästinensern die "Sicherung der Grenzen Palästinas" überlassen.

Diese Linken, diese Träumer ... Oh man!

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Rettet die Schweine!!

Es ist wirklich wahr geworden! Das, was man immer dachte, dass es kommen würde, ist passiert. Wahrscheinlich nicht zum 1. Mal. Aber das so sowas überhaupt passiert. Meine Güte nochmal!!

Die Fortis Bank (Amsterdam, Holland) wird Kindern kein Sparschwein mehr geben, wenn diese ein Konto eröffnen. Die Bank hat offenbar Angst davor, Muslime zu beleidigen.

Fortis-Kunden, die das Konto "EuroKids" für ihre Kinder eröffnen, bekommen als Geschenk ein Sparschwein namens "Knorbert". Aber die Bank beendet dies, da "Knorbert nicht mehr die Anforderungen erfüllt, die die multikulturelle Gesellschaft an uns stellt", zitierte gestern "De Telegraaf" einen Sprecher.

Schweine gelten für Juden und Muslime als unreine Tiere. Eine Internet-Kampagne, in denen "Knorbert" eine führende Rolle gespielt hat, wurde ebenfalls durch Fortis eingestellt.

Laut einer Sprecherin gab es "eine Reihe von Reaktionen auf das Schwein". An einem neuen Geschenk wird gearbeitet, das "Spaß für alle Kinder welcher Überzeugung auch immer" bringt. Als Übergangslösung bietet die Bank derzeit eine Kinder-Enzyklopädie.

Später versuchte Fortis die Idee einzudämmen, dass dieses Handeln durch den Islam verursacht ist. "Die Geschichte ist ein bißchen ausgewogener." Das "Knorbert"-Produkt hat das Ende seines Lebenszyklus erreicht", so der Versuch von Sprecherin Marianne Honkoop.

Es fällt doch auf, dass Schweine für Juden und Muslime unrein sind. Aber ich habe noch keinen Juden erlebt, der sich über Sparschweine aufregt! :-))
Wenns nicht so traurig wäre, könnte man drüber lachen.

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Iran will Todesstrafe für vom Islam Abtrünnige

(28. Februar 2008/idea) – Die iranische Regierung will die Todesstrafe für Personen, die sich vom Islam abwenden, gesetzlich verankern. Wie das Institut für Islamfragen (Bonn) der Deutschen Evangelischen Allianz mitteilte, habe das Kabinett einen entsprechenden Gesetzesentwurf gebilligt.
Die erwartete Zustimmung vom Parlament stehe noch aus. Nach dem Gesetz gelte künftig für diejenigen, die bei mindestens einem muslimischen Elternteil aufgewachsen sind und sich vom Islam abgewandt haben, uneingeschränkt die Todesstrafe. Für Bürger, die keine Muslime waren, dann zum Islam konvertierten und später diese Religion verlassen haben, gelte eine dreitägige Frist mit der Möglichkeit zur Umkehr. Frauen können stattdessen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Durch besonders harte Haftumstände sollen sie angehalten werden, zum Islam zurückzukehren. In diesem Fall kämen sie sofort frei.

Die Leiterin des Instituts für Islamfragen, die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher, sieht in den Plänen einen „alarmierenden Verstoss gegen die Menschenrechte und die Religionsfreiheit“.

Nach ihren Angaben beträfe das Gesetz auch iranische Christen, die aus Deutschland oder anderen Ländern in den Iran abgeschoben werden. Neben der Abkehr vom Islam sollen künftig auch Trunkenheit, Vergewaltigung, Mord, bewaffneter Diebstahl, Drogenhandel, Ehebruch und männliche Homosexualität mit dem Tod verurteilt werden.

Im Iran sind 0,3 Prozent der rund 75,5 Millionen Einwohner Christen. Die Zahl der im Untergrund lebenden Konvertiten wird auf 250.000 geschätzt. Mitgliedern der angestammten Kirchen ist es verboten, Konvertiten zu unterstützen. Sogenannte Religionswächter führen Kontrollen in den Kirchen durch, ob sich unter den Besuchern Muslime befinden.

1994 sollte der Konvertit und spätere Pastor Mehdi Dibaj aufgrund seines Übertritts zum Islam hingerichtet werden. Aufgrund internationaler Proteste kam er frei. Wenige Jahre später wurden er und vier weitere protestantische Pastoren ermordet.

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Beck vs. Parzany: Homosexualität und Christ(ival )

Seit Wochen tobt der Streit um den evangelikalen Jugendkongress Christival. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck (Berlin), hatte ihn mit seinem Protest an dem inzwischen abgesagten Seminar „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“ ausgelöst und mit seiner Fraktion sogar eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung mit z. T. kritischen Anfragen an die evangelikale Bewegung gestartet. Daraufhin schrieb der Leiter der Evangelisationsreihe ProChrist, Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel), einen idea-Kommentar unter der Überschrift Steht auf, wenn ihr Christen seid. idea hat die beiden Kontrahenten nun in Berlin an einen Tisch gebracht.
Dort stritten sie, moderiert von idea-Reporter Marcus Mockler, über Meinungsfreiheit, Wissenschaft und das richtige Verständnis der Bibel.

idea: Herr Beck, wenn Sie einem Menschen begegnen, der sagt, er sei homosexuell, komme damit aber nicht zurecht und wolle sich ändern – was antworten Sie dem?
Beck: Ich sage ihm, dass er lernen sollte, sich selbst anzunehmen, wie er ist und wie ihn Gott geschaffen hat – und dass man ihm dabei helfen kann. Das ist auch der Erkenntnisstand der Humanwissenschaften. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage festgestellt: Homosexualität ist weder therapiebedürftig noch einer Therapie zugänglich. Es gibt dazu andere Auffassungen, aber die sind nicht wissenschaftlich anerkannt. Es ist sogar gefährlich, wenn Menschen sich auf antihomosexuelle Therapien einlassen.

idea: Aber es gibt doch Menschen, die von sich sagen, sie hätten eine Veränderung von der Homosexualität hin zur Heterosexualität erfahren. Täuschen die sich über sich selbst?
Beck: Es existieren keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die belegen, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gibt, homosexuelle Prägung oder auch heterosexuelle Prägung durch Therapie oder Willensentscheidung zu beeinflussen. Allenfalls gelingt es Bisexuellen, die also Neigungen zum eigenen wie zum anderen Geschlecht haben, ihre homosexuelle Komponente zeitweise zu unterdrücken. Aber Homosexualität ist eine Prägung, die ebenso wenig zu therapieren ist wie die Körpergröße eines Menschen. Hier zu behaupten, „da gibt es doch was von ratiopharm“, wäre Scharlatanerie.

idea: Herr Parzany, hat das Christival Scharlatanerie angeboten?
Parzany: Ich bedauere es, dass Herr Beck es nötig hat, mit solchen Ausdrücken die Leute zu verhauen. Wenn es wirklich um wissenschaftliche Erkenntnisse ginge, brauchte man nicht mit so beleidigenden Begriffen zu arbeiten. Selbstverständlich gibt es Fachleute, die die Möglichkeit sehen, dass Menschen ihre homosexuelle Neigung verändern und dass da Hilfe möglich ist. Mir geht’s aber vor allem um die Frage: Warum geben Sie, Herr Beck, diesen Freiraum nicht? Sie legen die Menschen fest und sagen, dem Homosexuellen, der seine Neigung in Frage stellt, könne nur dadurch geholfen, dass er sie annimmt. Und Sie gehen aggressiv gegen Hilfsangebote vor, die Menschen gemacht werden, die die Freiheit zur Veränderung wahrnehmen wollen ...

idea: ... was Herr Beck auch darauf zurückführt, dass Gott den Homosexuellen eben so geschaffen habe.
Parzany: Naja, diese Welt ist nach biblischer Sicht nicht mehr einfach Gottes gute Schöpfung. Was die Bibel Sünde, Trennung von Gott, nennt, durchzieht alle Bereiche – auch die Art und Weise, wie Menschen miteinander leben.

Beck: Ich will das hier mal klären: Selbstverständlich habe ich niemandem verboten, ein solches Seminar durchzuführen. Kritik heißt ja nicht Unterdrückung und Verbot! Nun hat diese Veranstaltung aber eine Bundesministerin als Schirmherrin und bekommt Zuschüsse aus Steuermitteln. Aufgabe von Abgeordneten ist es auch zu schauen, ob wir staatliche Gelder verantwortlich ausgeben. Die Bundesregierung ist mit mir einer Meinung, dass es sich im Blick auf das Konzept des Seminars um wissenschaftlich nicht haltbare Thesen und um gefährliche Therapien handelt. Die Bundesregierung weist auf die möglichen Folgen von Depressionen bis hin zum Suizid hin. Davor habe ich gewarnt.
Parzany: Ich bin Ihnen für Ihre Kritik insofern dankbar, da sie Christen zum Aufwachen bringt. Zum einen in der Behandlung des Themas Homosexualität, zum anderen in der Erkenntnis, was es bedeutet, öffentliche Zuschüsse anzunehmen. Wenn der Staat sich anmaßen würde, mit seinen Finanzen in christliche Veranstaltungen hineinzuregieren, müssen wir als Christen sehr sensibel werden.

Beck: Bei allen Nichtregierungsorganisationen knüpft der Staat an seine Zuwendungen Bedingungen. Beim Christival gelten die Bedingungen des Kinder- und Jugendplans ...
Parzany: ... und nichts bei dieser Veranstaltung widerspricht dem Kinder- und Jugendplan. Dennoch müssen Christen künftig bei der Annahme von Zuschüssen mehr aufpassen, damit nicht gilt „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“.

idea: Herr Parzany, sehen Sie sich in der Frage der Homosexualität in einer Minderheitenposition?
Parzany: Solche Positionen sind ganz breit in den Kirchen vertreten. So haben der Rat der EKD und die Kirchenkonferenz (der Zusammenschluss aller Kirchenleiter der EKD) 2002 eine Orientierungshilfe herausgegeben, die sehr deutlich den „biblischen Widerspruch gegen homosexuelle Praxis“ formuliert. Dort heißt es, es gebe keine biblischen Aussagen, die Homosexualität in positive Beziehung zum Willen Gottes setzen – im Gegenteil. Ehe und Familie seien die Leitbilder. Ist der Rat der EKD eine „fundamentalistische Randgruppe“, wenn er so etwas formuliert? Die Kritik an praktizierter Homosexualität hat übrigens mit Diskriminierung nichts zu tun. Die Kritik am Handeln eines Menschen ist zu verbinden mit der Wertschätzung der Person, die jedem Menschen gebührt. Das macht Paulus etwa im ersten Korintherbrief, Kapitel 6, deutlich.

Beck (holt eine Taschenbibel heraus): Wo steht das? Ich wusste bislang nur, dass im Römerbrief von Gleichgeschlechtlichem gesprochen wurde. (liest) „... Irrt euch nicht, weder Unzüchtige noch Götzendiener noch Ehebrecher noch Lustknaben noch Knabenschänder ... werden das Reich Gottes ererben.“ – Da lese ich nichts von Homosexualität.
Anmerkung von mir: Die Stelle, die Beck hier zitiert, ist aus 1.Kor. 6,9. Die Stelle aus dem Römerbrief ist aus Röm.1,27:
Ebenso haben die Männer die natürliche Beziehung zur Frau mit einer unnatürlichen vertauscht: Männer begehren Männer und lassen ihrer Lust freien Lauf. So erfahren sie die gerechte Strafe für ihren Götzendienst am eigenen Leib.

Klingt etwas deutlicher als Herr Beck sich das wünscht.


Parzany
: Doch, das ist hier gemeint.
Beck: Das ist die in der Antike als soziale Institution anerkannte Päderastie (Knabenliebe, d.Red.). Es geht hier um Verkehr von erwachsenen Männern mit Knaben, wie es ihn in der griechischen Gesellschaft gab. Das hat mit einvernehmlicher Sexualität zwischen zwei Erwachsenen gleichen Geschlechts überhaupt nichts zu tun und ist heute ein Straftatbestand. Dies gleichzusetzen ist diffamierend.
Parzany: Hier ist eindeutig aktive und passive Homosexualität gemeint. Das geht aus dem griechischen Urtext hervor.
Beck: Nein. Die hier verwendeten griechischen Begriffe haben nichts mit gleichgeschlechtlicher Liebe zu tun. Es geht um Päderastie und allenfalls heidnische Tempelprostitution.

Parzany: Aber mir geht es ja um etwas ganz anderes: Die Kritik an der Praxis der Homosexualität ist in der Bibel immer verbunden mit der Einladung zur Gemeinschaft in die Gemeinde, denn der Text geht weiter „... solche sind etliche unter euch gewesen.“ (1.Kor. 6,11) Es gibt keine Ausgrenzung, keine Ablehnung. Man muss die biblische Kritik an homosexueller Praxis in der Öffentlichkeit sagen können, ohne dass sie als Diskriminierung von Menschen eingestuft wird.

idea: Herr Parzany, kann ein Christ gleichzeitig praktizierender Homosexueller sein? Oder ist das unmöglich?
Parzany: Es steht mir überhaupt nicht zu, solche Urteile zu fällen. Aber wir müssen grundsätzlich Menschen mit der biblischen Kritik an der homosexuellen Praxis konfrontieren können, so wie das ja auch der Rat der EKD getan hat.

Beck: Das finde ich gut, dass Sie keine Pauschalurteile fällen wollen. Denn diejenigen, die das Seminar beim Christival anbieten wollten, fällen solche Urteile. Die sagen, eine Gleichberechtigung der Homosexualität wird sich „zerstörerisch auf unsere Kinder und die nächste Generation auswirken“. Widersprechen muss ich Ihnen beim biblischen Befund. Ich bin wie Sie Christ, komme beim Lesen der Bibel aber zu einem anderen Ergebnis. Wenn Sie die ganze Bibel wörtlich nehmen, müssten Sie laut dem 3. Buch Mose eigentlich die Todesstrafe für Homosexuelle fordern. Also müssen wir mal sehen, in welchem Kontext solche Gebote stehen. Von den dortigen Gesetzen des Heiligkeitskodex halten wir Christen praktisch keine mehr für verbindlich. Wir essen Blutwurst und tragen Kleidung aus unterschiedlichen Stoffen, obwohl das dort verboten ist. Im Neuen Testament finden wir von Jesus kein Wort zum Thema Homosexualität und bei Paulus nur die eine Stelle im Römerbrief, die aber eher als Metapher für die Verkehrtheit der Welt zu deuten ist. Sie meint offenbar Heterosexuelle, die in Verkehrung ihrer Identität homosexuellen Praktiken nachgehen. Genauso hielte ich es für eine Verkehrung im Sinne des Römerbriefs, wenn ein Schwuler oder eine Lesbe zu heterosexuellen Beziehungen gedrängt würde. Die Bibel kennt Homosexualität überhaupt nicht, wie wir sie heute aus der Sozial- und Sexualwissenschaft verstehen.

Parzany: Der Schlüssel zum Umgang mit dem Heiligkeitsgesetz aus dem 3. Buch Mose ist die Bergpredigt. Jesus hat das Gesetz nicht aufgehoben. Mit seinem „Ich aber sage Euch“ hat er ein tieferes Verständnis dieses Gesetzes geschaffen, weshalb völlig klar ist, dass es heute die Todesstrafe nicht geben kann. Wir hatten in den letzten Jahrzehnten viele Debatten zum Thema Homosexualität, aber der Rat der EKD hat das schon richtig zusammengefasst: Der biblische Befund ist eindeutig!

Beck: Die rheinische Landeskirche bei mir zu Hause sieht das ganz anders. Die Bibel kennt keine Lesben und Schwulen, sagt nichts Eindeutiges zur Homosexualität als solcher.
Parzany: Ich komme auch aus der rheinischen Kirche.
Beck: Sie müssen sich schon entgegenhalten lassen, dass es unter Theologen und innerhalb der evangelischen Kirche unterschiedliche Auffassungen gibt. Aber ich lasse Ihnen ja Ihren Glauben, dass Homosexualität von Gott nicht gewollt ist. Sie müssen mir meinen Glauben lassen, dass Gott ein all-liebender und barmherziger Gott ist, der niemanden für etwas bestraft, wozu er ihn gemacht hat. Die Grenze zum Fundamentalismus wird allerdings überschritten, wenn Sie Ihren Glauben auf die wissenschaftliche Arbeit übertragen und sagen, Homosexualität sei eine Krankheit, die man heilen kann. Dabei sagen mehr als 99 Prozent der Wissenschaftler, die auf diesem Gebiet forschen: „Diese Auffassung ist widerlegt, Homosexualität ist keine Krankheit.“ Dann sagen manche, es muss aber anders sein, weil es in meiner Bibel anders steht.

Parzany: Nein, Wissenschaft ist kein Glaubensgegenstand, sondern eine Frage der Information. Es gibt durchaus Untersuchungen, die Homosexualität und ihre Veränderbarkeit anders beurteilen.
Beck: Aber das sind keine seriösen Studien.
Parzany: Das ist ein fragwürdiges Wissenschaftsbild, wenn Sie jeder Studie, die zu einem anderen Ergebnis kommt, die Seriosität absprechen.

idea: Herr Beck, wenn heute einer ein Forschungsprojekt vorschlüge, das Möglichkeiten der Veränderung von Homosexualität untersuchen wollte – der würde doch im gegenwärtigen gesellschaftlichen Klima überhaupt kein Geld für ein solches Projekt bekommen.
Beck: Es gibt Studien, die das untersucht haben; die kommen aber zu einem anderen Ergebnis, als sich Herr Parzany das wünscht. Und es gibt wissenschaftliche Standards, die von den „Ex-Schwulen“-Grüppchen einfach ignoriert werden. Es gibt hier auch keinen studienfreien Bereich – es wird heutzutage alles erforscht. Man sollte also nicht so tun, als würde politisch verhindert, dass irgendeine Wahrheit ans Licht kommt.
Parzany: Doch, genau so ist es. Diese Absicht beobachte ich bei Ihnen, und das wundert mich. Sie müssten doch solche Untersuchungen und einen alternativen Umgang mit Homosexualität nicht scheuen. Es nimmt Ihnen doch gar keiner die Freiheit, selbst damit umzugehen, wie Sie wollen.

idea: Herr Beck, was würden Sie denn mit einer neuen Untersuchung machen, die zum Ergebnis käme, es gebe doch Hinweise auf die Veränderbarkeit von Homosexualität?

Beck: Es wird keine wissenschaftliche Untersuchung geben, die zu diesem Ergebnis kommt. Der Autor der fragwürdigen Studie, die die Freunde von Herrn Parzany immer für sich in Anspruch nehmen, sagt selbst: Es wäre „Missbrauch der Forschungsergebnisse", wenn man daraus schließen wolle, „dass sie beweist: Veränderung einer homosexuellen Orientierung ist für die meisten hochmotivierten Personen möglich", und es wäre ein Missbrauch, wenn auf Grund der Studie den Homosexuellen „Bürgerrechte vorenthalten" würden. Um aber zum Auslöser dieses Gesprächs zurück zu kommen: Es ist erstmal klar, dass aus dem Bundeshaushalt nicht Gelder für die Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten ausgegeben werden dürfen. Wenn etwas angeboten worden wäre, das sich gegen Juden richtete, könnte die Regierung das auch nicht unterstützen...
Parzany: ...und das finde ich eine Unverschämtheit, dass Sie das Angebot des Christival nun in die Nähe des Antisemitismus rücken. Das ist beleidigend und diskriminierend.

Beck: Nein, das tue ich ja gar nicht. Aber warum ist die Herabsetzung von Juden etwas anderes als die Herabsetzung von Lesben und Schwulen? Sie sehen hier nur, wie sehr bestimmte Aussagen aus Ihrer Ecke Homosexuelle als Minderheit beleidigen. Auch von unserer Minderheit wurden zwischen 5.000 und 10.000 Menschen in die Konzentrationslager verschleppt. Die meisten wurden umgebracht. Viele wurden pseudomedizinischen Versuchen unterworfen, um mit Hormonen, Operationen und Kastrationen die Homosexualität aus ihnen herauszutherapieren. Ich fühle mich in meiner Menschenwürde angegriffen, wenn jemand sagt: „Du als homosexuell lebender Mensch bist eigentlich ein Kranker.“ Und trotzdem will ich solche Seminare, wie sie das Christival im Angebot hatte, nicht verbieten, weil auch das zur Meinungsfreiheit gehört. Deswegen ist Ihr Appell, Herr Parzany, „Steht auf, wenn ihr Christen seid“, völlig überzogen. Hier ist keine Freiheit gefährdet. Bei aller Kritik am Inhalt: Ich würde ihre Freiheit gegen jeden Repressionsversuch verteidigen!

Parzany: Dieser Appell ist nach innen gerichtet. Christen haben schon die Schere im Kopf und wagen es teilweise nicht mehr, bestimmte Dinge auszusprechen, weil das politisch nicht korrekt ist. Dass uns Christen der Wind schärfer ins Gesicht bläst, das ist nichts Schlimmes, das muss wohl so sein, obwohl wir uns an der Freiheit freuen und auch die der Andersdenkenden verteidigen. Jedenfalls dürfen wir eine biblische Wahrheit, die bestimmtes Verhalten von Menschen auch kritisch beleuchtet, nicht verschweigen.

Beck: Ob das die biblische Wahrheit ist, sehe ich mit vielen Theologen anders. Sie sprechen für einen Teil der Christen, ich gehöre zu einem anderen Teil. Vielleicht sind wir uns bei anderen Themen ja näher. Bei der aktuellen Debatte um die Forschung an embryonalen Stammzellen sehe ich bei Evangelikalen und katholischer Kirche ähnliche Argumente, wie auch ich sie vertrete. Embryonale Stammzellen werden durch das Töten von Embryonen, also das Vernichten menschlichen Lebens, gewonnen. Dieses Töten wird durch eine Änderung des Stichtages erneut legitimiert. Deshalb bin ich wie die Evangelikalen und die katholische Kirche dagegen. Beim Thema Homosexualität sind wir als Christen uneins. Aber man darf in unserer Gesellschaft ja glauben, woran man will – an Jehova, an keinen oder den dreieinigen Gott, an Allah oder an viele Gottheiten, aber auch an Abwegiges wie an die Veränderbarkeit von Homosexualität oder an das Spaghettimonster …

Parzany: ... warum reden Sie so diffamierend über die Leute, die eine andere Meinung haben als Sie? Ich empfinde solche Sätze als verachtend und beleidigend. Das haben Sie doch überhaupt nicht nötig.

Beck: Ich rede darüber nicht diffamierend. Sie teilen aus, würdigen Homosexuelle als quasi krank herab, fühlen sich aber von jedem meiner Sätze angegriffen oder verfolgt. Brauchen Sie diese Verfolgungsperspektive zur Mobilisierung in den eigenen Reihen?

idea: Herr Parzany, Sie werden beim Christival dabei sein. Herr Beck, Sie auch?
Beck: Ich gehöre nicht zum Zielpublikum, da es ein Jugendfestival ist, und man hat mich auch nicht eingeladen, dort etwas zu sagen. Sicher werde ich nicht hinfahren, um zu kontrollieren, was dort stattfindet.
Parzany: Ich werde dort ein Seminar zum Thema „Glauben wir alle an denselben Gott?“ halten. Das ist ebenfalls kein unverfängliches Thema.
idea: Wir danken Ihnen beiden für das Gespräch.

Leider versäumt es Ulrich Parzany hier, die falschen Sichtweisen von Herrn Beck stärker zu entkräften. Auch die falsch zitierte Bibelstelle hätte ihm eigentlich auffallen müssen. Er war anscheinend schlecht vorbereitet. Schade.
So kann sich Herr Beck als der Sieger dieses Streitgespräches fühlen. Ein rhetorisch besser beschlagener Interviewpartner hätte hier wesentlich mehr kontra bieten können.
In der Großen Anfrage zur Religions- und Glaubensfreiheit betonen Beck und die Grünen-Fraktion völlig zu recht, dass die Veränderung der religiösen Orientierung ein elementares Menschenrecht sei:
„Zur Religions- und Glaubensfreiheit gehört die Möglichkeit, seinen Glauben frei und ohne Zwang wechseln zu können.“ Da stellt sich die Frage, warum aus „grüner“ Sicht zwar der Wechsel der Religion als ein Menschenrecht anerkannt wird, aber nicht der Wechsel einer sexuellen Orientierung.
Genauer gesagt: Warum soll es einerseits in Ordnung sein, dass - wie zum Beispiel auf Evangelischen Kirchentagen - für einen homosexuellen Lebensstil geworben wird, andererseits aber verwerflich, dass ein Homosexueller heterosexuell werden will und er dabei Unterstützung in Anspruch nimmt?
Er argumentiert wie ein Muslim:
Er unterstellt, dass es - ohne seelischen Schaden - keine Abkehr von der Homosexualität geben kann, sie bestehen darauf, dass ein Muslim niemals - ungestraft - vom Glauben abfallen darf. Ganz ohne jede böse Absicht kann man sagen, dass Herr Beck und die Grünen-Fraktion mit zweierlei Maß messen.


Hier die Geschichte (bei Idea.de) zum Nachlesen:
Streit um Christival erhitzt weiter die Gemüter (27.02.08)
Keine Angst vor „Fanfarenstößen“ der Atheisten (24.02.08)
Landesbischof stellt sich vor Jugendkongress Christival (23.02.08)
Christival-Streit: Volker Beck weist Vorwürfe zurück (22.02.08)
Evangelische Allianz: Volker Beck verleumdet Christival (21.02.08)
Grüne werben um „humanistische Christen“ (20.02.08)
Einmal schwul - immer schwul? (20.02.08)
Solidarität mit Christival wächst (18.02.08)
Steht auf, wenn ihr Christen seid! (18.02.08)
EC-Verband wirft Grünen Kampagne gegen Christival vor (17.02.08)
Grüne weiten Kritik am Christival aus (14.02.08)
Streit um Christival: Intervenierte das Familienministerium? (13.02.08)
Kontroverse um Christival-Seminar wird schärfer (11.02.08)
Grüne legen in ihrer Kritik an Christival nach (31.01.08)
Christival: Roter Teppich für Mitarbeiter (28.01.08)
Kontroverse um Jugendkongress Christival (09.01.08)

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Mittwoch, 27. Februar 2008

2-Klassen-Terror: sinnloser (Rest der Welt) und unvermeidbarer (Israel u.a. Besatzer)

So sieht er aus, der moderne Antisemitismus ...

Und nebenbei: Terror nach Sinnhaftigkeit zu unterscheiden, ist totaler Unsinn. Terror bleibt Terror. Unschuldige Menschen sterben, der Gegner soll eingeschüchtert und paralysiert werden.
Wenn Menschen "für eine gute Sache" umgebracht werden, sind sie genauso tot wie bei anderen Motiven. Wer definiert denn, was eine "gute Sache" ist?
Wer im Kampf gegen (auf seiner Sicht stattfindendes) Unrecht auf Terror setzt, setzt eine Eskalation in Gang, die meistens in einem sinnlosen Gemetzel endet, bei dem keiner mehr weiß, wer mehr Schuld auf sich geladen hat, in dem gelogen und betrogen (auch die eigenen Leute) wird und man sich nur noch - für seine eigene Rechtfertigung - darum streitet, wer angefangen hat.
Wo ist also bitteschön der Sinn einer Unterteilung in gerechten und ungerechten - darauf läuft es doch hinaus - Terror???

UN-Experte nennt palästinensischen Terror «unvermeidbar»

Ein UN-Menschenrechtsexperte hat den palästinensischen Terrorismus in einem Bericht als «unvermeidbare Folge» der israelischen Besatzung bezeichnet. Israels UN-Botschafter in Genf, Jizchak Levanon, kritisierte den Bericht scharf und warf dem Autor vor, den Hass zwischen Israelis und Palästinensern zu schüren.

Der im Auftrag des Uno-Menschenrechtsrats erstellte Report des südafrikanischen Anwalts John Dugard soll im März offiziell vorgelegt werden. Er wurde aber bereits am Dienstag auf der Website des Gremiums veröffentlicht.

Dugard schreibt in seinem Bericht, es müsse unterschieden werden zwischen sinnlosen Terrorakten etwa von der Kaida und Gewalttaten im Rahmen einen Befreiungskrieges gegen Kolonialherrschaft, Apartheid oder militärische Besatzung. Zwar seien die Terrorakte der Palästinenser zu verurteilen, sie müssten aber verstanden werden als «eine schmerzliche, aber unvermeidbare Folge» der israelischen Besatzung, heisst es in dem 25-seitigen Report.

Dugard hat bereits in den vergangenen Jahren das israelische Vorgehen in den palästinensischen Autonomiegebieten scharf kritisiert. Im vergangenen Jahr verglich er die israelische Politik dort mit der Apartheid in Südafrika. Dugard wurde 2001 von der UN-Menschenrechtskommission, dem Vorgänger des Menschenrechtsrats, mit der Untersuchung möglicher Verstösse in den palästinensischen Gebieten und Israel eingesetzt. Israel und die USA weisen seine Berichte regelmässig als einseitig zurück.

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Dienstag, 26. Februar 2008

Wer wählt was und was hat das mit Politik zu tun?

Sehr interessanter Artikel über die "backstage"-Landschaft der politischen Parteien, deren Werte und Möglichkeiten, zusammenzuarbeiten - also Koalitionen zu bilden.
Werte spielen dabei eine ganz wichtige Rolle.

Für uns als Christen stellt sich immer die Fragen: Wen oder was können wir wählen? Wählen wir Parteien oder wählen wir Personen? Welche Werte vertreten sie?

Man ist ja inzwischen immer stärker geneigt, Personen zu wählen, da sie anscheinend die noch größere Stabilität garantieren. Eine Partei kann innerhalb weniger Stunden ihre Meinung ändern (so wie á la Kurt Beck: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?)
Aber in der politischen Auseinandersetzung gehen die Werte immer weiter unter - zugunsten der politischen Machterhaltung. Da koaliert eine SPD lieber mit den Linken (oder lässt sich von ihnen wählen...) als sich an ihr Wahlversprechen zu halten.
Denn so könnten sie die Ministerpräsidentin stellen.


Keiner kann mit keinem

von Klaus-Peter Schöppner, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid

Nichts geht mehr nach den Landtagswahlen in Hessen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Die Entscheidung für den richtigen Koalitionspartner ist – siehe Hessenwahl – oft die noch spannendere Wahl. Dabei wird so getan, als würden die Wähler alle Koalitionskakophonien widerstandsfrei akzeptieren. Oft allerdings wird zusammengehörig gemacht, was nicht zusammengehört. Ein Blick hinter die Wertestruktur einzelner Wählergruppen zeigt klar, was bündnistechnisch möglich ist: Fast nichts!

Die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen haben zumindest eines belegt: Deutschland hat kleine große und große kleine Parteien. Und ein Fünfparteiensystem, das es notwendig macht, über neue, aufregendere Parteienkonstellationen nachzudenken.
Die Phase der Koalitionsverhandlung ist inzwischen die Zeit der Wundertütenpolitik: Nie war der Wähler unsicherer, was er letztlich gewählt hat. Wer SPD ankreuzt, kann Rot-Schwarz, aber auch Rot-Dunkelrot gewählt haben, die Sozialdemokraten koalieren derzeit mit jeder Partei. Und CDU-Wähler finden sich statt mit der FDP plötzlich in einem Bündnis mit der SPD wieder. Die Nachwahlzeit dominiert das „Toyota-Syndrom“: Nichts ist unmöglich…

Doch im „Anything goes“ ist der Koalitionsstreit gleich miteinprogrammiert. Je stärker Machtinteressen dominieren, desto weniger wird auf das „Passt schon“ bei der Bildung von Bündnissen Wert gelegt. Obwohl Politiker genau wissen, dass für erfolgreiche Koalitionen ähnliche Wertemuster ihrer Wähler unverzichtbar sind, spielen diese bei der Partnerwahl keine Rolle. Ärger, Streit, oft sogar das Aufkünden sind die Folgen.
Notwendig ist also, möglichst gut über das Wertebild der eigenen und der Wähler möglicher Koalitionspartner informiert zu sein. Schließlich sind Werte Vorstellungen der Politwünsche, die Einstellungen, Verhalten, letztlich also die Stabilität von Regierungen bedingen. Koalitionen funktionieren nur dann, wenn sie das Wertemapping ihrer Wähler angemessen berücksichtigen.
Dazu hat TNS Emnid das Modell „Semiometrie“ („Wörtermessung“) entwickelt. Dieses misst die Wertestruktur von Wählern anhand von 210 Begriffen, die sich in 14 Wertedimensionen zusammenfassen lassen. Diese Grundwerte wiederum sind als Position in einem zweidimensionalen Raum darstellbar, deren Achsen die Endpunkte sozial versus individual sowie Pflicht versus Lebensfreude definieren.
Die Sympathiemessung dieser Begriffe identifiziert also die Wertestruktur unterschiedlicher Wählergruppen. Und beantwortet brennend aktuelle Fragen wie: Geht Schwarz-Grün? Wie differieren deren Wähler? Und sind diese überbrückbar? Wie nah liegt Rot-Dunkelrot beieinander? Und ähneln die FDP- eher den CDU- oder SPD-Wählern? Wie gut repräsentieren Kurt Beck oder Angela Merkel die eigenen Anhänger? Und ist es ein Nachteil für die SPD, auf Müntefering verzichten zu müssen?
Antwort auf diese Fragen liefert das Profil der verschiedenen Anhängerschaften: Welche Werte charakterisieren welche Wähler?

Die CDU/CSU-Wähler sind konservativ – homogen! Sie eint ihr Werte- und Pflichtbewusstsein, ihre Traditionsverbundenheit, andererseits nur geringer Hedonismus und Abenteuerlust. Keine Partei kann ihre Wähler gezielter und einheitlicher ansprechen.

Ganz anders der SPD-Wähler, den es im Grunde nicht gibt; es gibt gleich zwei Typen: einerseits den pflichtbewussten, redlichen, gewerkschaftlich orientierten Arbeiter. Genauso häufig den intellektuellen, kulturell interessierten Akademiker. Beide passen nicht zusammen. Für die SPD gilt wie für keine andere: „Ich bin zwei Parteien!“

Die FDP-Anhänger charakterisieren sich durch Machtstreben und Hierarchiebewusstsein, Solidarität und Familienorientierung sind eher Fremdbegriffe.

Der typische Grüne ist idealistisch, intellektuell und emotional. Dagegen kaum traditionsverbunden, pflichtbewusst, materiell und konfliktfreudig.

Viel schwammiger dagegen ist das Profil der Linken. Hauptcharakteristikum ist deren Pragmatismus: Sie handeln nicht nach Idealen, schon gar nicht im Wunsch, die Gesellschaft sozial zu verändern. Sie einen persönliche Vorteile, die sie durch Politagitation erreichen können. Linkswähler sind stramme Egoisten.

Das prägnantste Profil haben die rechten Wähler: Kritisch, kämpferisch und dominant sind sie wie keine andere Wählergruppe. Pflichtbewusstsein, Werte und Intellekt sind ihnen dagegen fremd. Die Wähler von Rechtsparteien identifizieren sich nicht über Inhalte noch politische Ziele. Sie verbindet ihr gefährlicher Wille zur Macht.

Was nun sind die Konsequenzen dieses Wertemappings für den politischen Alltag im Fünfparteien-Deutschland? Wenn Dreierkoalitionen zur Regel werden? Was geht, was unter Qualen, welche Bündnisse nicht?

Schwarz-Grün respektiert in keiner Weise das Werteprofil ihrer Wähler, zwischen ihnen gibt es keinerlei Parallelität. Die Zeit ist längst nicht reif für Schwarz-Grün: Wo die CDU Traditions-, Pflicht- und Wertebewusstsein hat, orientieren sich Grüne an Emotionen und Sinnlichkeit. Was den Union-Sympathisanten wiederum ziemlich fremd ist.

Genauso schwer wäre für die SPD die Koalition mit den Linken, den Lafontaine-Faktor nicht einmal eingerechnet, zu ertragen: Vor allem das „alte“ Arbeitermilieu kann gar nichts anfangen mit den politisch eher desinteressierten, dafür aber stark egozentrierten Dunkelroten.

Auch Koalitionen mit der viel umworbenen FDP gestalten sich schwieriger als gedacht: Gerade in ihrer „unsozialen“ Haltung „passen“ FDP-Partnerschaften nicht wirklich, schon gar nicht zu SPD und Grün. Eine Ampel erlaubt das Werteprofil nicht, eine „Schwampel“ kaum.

Die Wunschkoalition der Deutschen ist die „Große“, zumindest solange bei der SPD der Wertekern erhalten bleibt. Schwarz-rote Wähler eint Pflichtbewusstsein und Moral – keine schlechte Voraussetzung in einer Zeit, in der der Werteverfall in der Gesellschaft mit Recht beklagt wird.

Weil die Unterscheidbarkeit der Parteien – inzwischen halten fast 80 Prozent die Parteiprogramme der Großen für austauschbar – extrem nachlässt, kann die Bedeutung der Spitzenkandidaten, wie Hessen und Niedersachsen gezeigt hat, nicht überschätzt werden. Neben Sympathie und Kompetenz dominiert dabei die Adäquanz. Die Frage also, wer zum Werteprofil der Wähler „passt“.
Um Erfolg zu haben, sollten Partei- und Politikerprofil die gleichen Wähler ansprechen. Wo trifft das zu, wo nicht?

Für die CDU-Wähler verkörpert Wolfgang Schäuble am ehesten deren Wertevorstellungen. Angela Merkel ist vielen zu rational, außerdem traditionsfremd. Schäuble verkörpert dagegen Union-Tradition und deren konservatives Weltbild. Eine unter Politikern seltene Identität ist zwischen der Kanzlerin und Ursula von der Leyen zu finden.
Bei der SPD ist der Wertesteckbrief Kurt Becks am weitesten vom SPD-Bild entfernt. Passender Kandidat ist Außenminister Steinmeier, er symbolisiert Pflichtbewusstsein und Disziplin am ehesten. Ein gemeinsames Manko von Beck und Steinmeier: Keiner bedient den „Stallgeruch“, den meisten sind sie zu rational und pragmatisch. Das Resümee: Beck verkörpert das Profil der SPD-Wähler schlechter als Merkel das der CDU-Anhänger.
Links-Wähler identifizieren sich weit stärker mit Gregor Gysi als mit Oskar Lafontaine. Grund ist der hohe PDS-Anteil, also die Dominanz ostdeutscher Werte innerhalb der Linken. Daher gilt der Westdeutsche als zu konfliktfreudig, Gysi bedient dagegen deren atheistische Grundhaltung.
FDP-Anhänger und Parteichef Guido Westerwelle wollen ebenfalls nicht recht zusammenpassen: FDP-Anhänger bemängeln sein zu soziales und werteorientiertes Auftreten sowie seine zu geringe Kampfbereitschaft.

Wie in den Märkten gilt auch in der Politik: Die Wähler werden immer beweglicher und anspruchsvoller, der Wettbewerb um das richtige Kreuzchen immer intensiver und zielgruppenfokussierter. Was Wähler wirklich wollen, ist nicht nur durch Angebot, Argument und Aktualität bestimmt, Wollen, Wünsche, Werte spielen eine ähnlich wichtige Rolle: Werte selektieren, strukturieren, stabilisieren und konformisieren den Wählerwillen. Nur durch sie kann der Wechselbereitschaft Einhalt geboten werden.
Die Qual der Wahl, ob vor dem Kreuz mit dem Kreuzchen für die Wähler oder nachher für die Parteien: Es gewinnt zumeist der, der weiß, wie Wähler ticken.

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Mittwoch, 20. Februar 2008

2 Freunde in Sderot und dem Gaza-Streifen

Ich möchte Euch einen englischsprachigen Blog empfehlen, der es in sich hat:
http://gaza-sderot.blogspot.com/

Dort schreiben ein ca. 30-jähriger Palästinenser (peace man), der in einem Flüchtlingslager lebt und ein ca. 40-jähriger Israeli (hope man) aus Sderot (beide wollen anonym bleiben) über ihren Alltag und ihre Erlebnisse.
Das Herausstechende dabei ist: Sie sind echte Freunde. Und sie schreiben Dinge, die man in den Medien nicht unbedingt liest.
Aber es wird auch eine gewisse Hilflosigkeit deutlich - genauso auch ein Mißtrauen gegenüber den Politikern, den Medien und allen Umfragen, die jeder so interpretiert, wie er will.
So schreibt "peace man" in einem Kommentar: That’s what the media says ,but in fact is different ,am sorry I don’t believe the media in both side because thy have there own agenda .
I have read many poll ,and I never believe them and I said I don’t believe the media.


Auf der anderen Seite hat man keine Garantie, dass alles richtig ist, was die beiden dort schreiben.
Aber es ist trotzdem sehr interessant, auch mal Meinungen von direkt Betroffenen zu hören!

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Grüner Beck: Alle "humanistisch orientierten ChristInnen" sollen vor Christival warnen

Jetzt geht's ans Eingemachte!
Konnte man am Anfang den Streit um das Christival und das dort geplante Seminar über Homosexualität noch als eine Posse eines etwas überempfindlichen Grünen-Politikers betrachten, der mal gegen eine christliche Veranstaltung querschiessen und sich dabei ein wenig profilieren wollte, spitzt sich das Ganze nun immer mehr zu einer Grundsatzdiskussion zu, in der es um viel mehr geht als um ein Seminar beim Christival.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, versucht hier, Christen in 2 Lager zu spalten: Die "fundamentalistischen Christen" und die "humanistisch orientierten" Christen, die ihn und seine Positionen akzeptieren.
Die "Fundamentalisten" (in der heutigen Zeit ein gefährliches Wort und das weiß Beck natürlich) glauben an die Bibel als das Wort Gottes und sind daher folgerichtig der Meinung, dass Homosexuelle Veränderung erfahren können, wenn sie wollen. Niemand will sie dazu zwingen, aber die Angebote sind da.

Die "Demokraten und humanistisch orientierten" Christen (und das in einem Satz! Als wären nicht-humanistisch orientierte Christen keine Demokraten!) werden dazu aufgefordert, vor Veranstaltungen wie dem Christival zu warnen.
Humanistisch-orientierte Christen - das ist schon ein Widerspruch in sich. Entweder bin ich als Christ Gott-orientiert oder ich bin humanistisch-orientiert - im Sinne der Richtungsgebung: Wer bestimmt mein Leben?
Hier wird fein säuberlich getrennt: Auf der einen Seite sind die (Kultur-)Christen, die den gesellschaftlichen Entwicklungen nachfolgen und keine oder wenig Probleme mit einigen Dingen haben, die dem Willen und Wort Gottes entgegenstehen, solange sie politisch opportun sind und auf der anderen Seite diejenigen, die Gott folgen und sein Wort über menschliche Sichtweisen stellen.
So beginnt Christenverfolgung.

siehe auch IDEA: Steht auf, wenn ihr Christen seid!, ein Kommentar von Ulrich Parzany:
Bei der „Grünen“-Attacke auf das Christival geht es ans Eingemachte. Niemand sollte glauben, dass sich diese Intoleranz nur auf das Gebiet der Homosexualität beschränken wird. Mit der gleichen Logik lässt sich die christliche Verkündigung, dass der Mensch in seiner Gottvergessenheit und Gottlosigkeit unter dem Gericht Gottes steht und nur durch Jesus Christus gerettet werden kann, als Diskriminierung des selbstbestimmten Menschen, der nicht an Gott glauben will, beurteilen.


und ebenfalls IDEA: Einmal schwul - immer schwul?, ein Kommentar von Wolfgang Polzer:
Da stellt sich die Frage, warum aus „grüner“ Sicht zwar der Wechsel der Religion als ein Menschenrecht anerkannt wird, aber nicht der Wechsel einer sexuellen Orientierung. Genauer gesagt: Warum soll es einerseits in Ordnung sein, dass - wie zum Beispiel auf Evangelischen Kirchentagen - für einen homosexuellen Lebensstil geworben wird, andererseits aber verwerflich, dass ein Homosexueller heterosexuell werden will und er dabei Unterstützung in Anspruch nimmt? [...] Ganz ohne jede böse Absicht kann man sagen, dass Herr Beck und die Grünen-Fraktion mit zweierlei Maß messen.

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Dienstag, 19. Februar 2008

Israel und Deutsche - Antisemitismus, Antizionismis oder vernünftige Kritik?

Eine Gruppe deutscher Akademiker hat die Bundesregierung aufgefordert, die "im Holocaust wurzelnde blinde Unterstützung für Israel" zu beenden. Die vier Wissenschaftler nahmen am Montag an einem Diskussionsabend in der israelischen Küstenstadt Netanja teil. Sie gehören zu den 25 Unterzeichnern eines israelkritischen Manifests, das nach dem Zweiten Libanonkrieg veröffentlicht wurde.

Die Diskussion, wie man als Mensch Israel und Juden gegenüber auftritt und sich äußert, ist schon an sich eine spannende.
Da wird auf der einen Seite der Antisemitismus als eine angeblich vernünftige Kritik oder als Antizionismus (Juden ja, Israel nein) getarnt.
Offen geäußerter Antisemitismus ist übrigens keine Seltenheit (siehe Irans Präsident Ahmadinedschad und die arabische Welt)! Aber viele versuchen ihn doch schamhaft zu verbergen (die deutsche Linke tarnt ihn gerne als Antizionismus).

Auf der anderen Seite gibt es - sagen wir mal sehr sensible - Juden wie auch Nichtjuden, die schnell den Antisemitismus wittern, wenn auch nur ein falsches Wort gesagt wird.
Vernünftige und konstruktive Kritik hat in dieser Konstellation einen schweren Stand.

Noch spannender wird es, wenn man ein Deutscher ist und dazu auch ein Christ. Denn Israel und Deutschland verbindet genauso eine besondere Beziehung wie Christen und Israel - im Guten wie im Schlechten.
Und auch hier wird polarisiert: Die einen werfen der Bundesregierung eine "blinde Unterstützung" vor und regen sich darüber auf, dass "deutsche Schuldgefühle hinsichtlich des Holocaust manipuliert [werden]", die anderen sehen Deutschland in einer ewigen Schuld gegenüber Israel und neigen zu einer wenig realitätsnahen Romantik.

Aber hier stellen sich 4 deutsche Wissenschaftler hin und verkünden auf einer Konferenz in! Israel, dass

  1. "die 'im Holocaust wurzelnde blinde Unterstützung für Israel' zu beenden" sei.
  2. die deutsche Verantwortung gegenüber den Palästinensern "eine Seite der Folgen des Holocaust [ist], die viel zu wenig Aufmerksamkeit erhält".
  3. ohne die Judenvernichtung der NS-Zeit Israel nach Auffassung der Unterzeichner nicht soviel materielle und politische Hilfe aus den USA erhalten hätte.
  4. wir "als Deutsche nicht nur eine Verantwortung für Israels Existenz teilen, sondern auch für die Lebensbedingungen des palästinensischen Volkes."
  5. der Holocaust werde von Israel und Deutschland zur politischen Manipulation verwendet werde.
Die Antwort der Israelis:
"Gleichzeitig ist dieses Manifest ein Versuch, deutsche Schuldgefühle hinsichtlich des Holocaust zu manipulieren, indem man sie auf die Palästinenser überträgt." Dabei sollten sich Deutsche, die sich schuldig fühlten, lieber an Polen, Niederländer und Juden wenden. "Es besteht kein Bedarf, so weit zu gehen, dass man sich für das schuldig fühlt, was mit den Palästinensern passiert."
Zu den vier deutschen Akademikern sagte der Israeli: "Sie sind in der Minderheit, aber sie lehren junge deutsche Geister, und wir können es uns nicht leisten, ihre Kritik als Antisemitismus abzutun. Wir müssen uns ihr entgegenstellen."

Ich habe selten die Ansicht angetroffen, dass wir als Deutsche Israel "blind" unterstützen. Davon kann hier keine Rede sein.
Im Gegenteil: Schaut man sich gewisse und durchaus einflußreiche Strömungen in Deutschland an, lebt der Antisemitismus in Deutschland und Israel kann sich weder über zu wenig Kritik und seltsam-romantisch Hinwendung mancher Deutscher zu den Palästinensern beklagen noch die Palästinenser über fehlende deutsche Solidarität (inklusive vieler €) und Blauäugigkeit.
Das einzige, was man sagen kann, ist: Der Antisemitismus zeigt sein Angesicht in Deutschland noch nicht so offenherzig wie in anderen Ländern dieser Welt.
Wenn sich 4 Wissenschaftler (philosophische Anthropologie / Frieden und Konfliktlösung) hinstellen und der deutschen Bundesregierung einerseits eine blinde Unterstützung für Israel vorwerfen und andererseits eine stärkere für die Palästinenser fordern, ist das unausgewogen und daher falsch.

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Freitag, 15. Februar 2008

Alarmismus: Wie man mit Angst Politik macht

Sehr gute Analyse über den aufgescheuchten und hektisch alles vor sich hertreibenden Alarmismus. Dabei werden ganz schnell alle möglichen Dinge über Bord geworfen - im Namen der Angst.

Leseprobe aus dem Buch "Anleitung zum Zukunfts-Optimismus. Warum die Welt nicht schlechter wird" von Matthias Horx

Das Phänomen des Alarmismus
Es ist Zeit für eine Definition. Unter Alarmismus verstehen wir ein soziokulturelles Phänomen, bei dem Zukunftsängste epidemieartig in weiten Bevölkerungskreisen grassieren. Diese Ängste entstehen aus einer bestimmten Interpretation von Gefahrenmomenten, die durchaus reale Ursprünge (oder Teilaspekte) aufweisen kann. Diese Gefahren werden jedoch symbolisch überhöht und auf ein vereinfachtes, eben katastrophisches Modell reduziert. Eine alarmistische Epidemie verläuft immer nach dem gleichen Muster:

1. Inkubation. Eine Gefahr wird aufgegriffen und in einem medialen Prozess gebrandet. Sie bekommt einen drastischen, wohlklingenden, angsterregenden Namen, zum Beispiel: "Waldsterben" - "Atomtod" - "Rinderwahn" - "Vogelgrippe" - "Klimakatastrophe" - "Feinstaub" - "Überalterung" - "Krieg der Kulturen" - "neoliberalistische Globalisierung" - "neue Unterschicht".
2. Fieberphase. Nun läuft eine kaskadenartige Sinnproduktion an. Experten treten auf und werden über Nacht zu Berühmtheiten. Sendungen zum Thema häufen sich im Fernsehen, die Schlagzeilen werden in immer größeren Lettern gedruckt. Bücher kommen in schnellem Takt auf dem Markt. Bis irgendwann alle "davon" sprechen. Und jeder eine Meinung dazu hat: "Haben Sie schon gehört! Das wird ja immer bedrohlicher!"
3. Ritualphase. Man versucht, etwas zu tun, verweigert etwa bestimmte Kaufakte, meidet Orte. Schuldzuweisungen häufen sich, der Ton wird noch hysterischer.
4. Abklingphase. Das Phänomen hat seinen Höhepunkt überschritten. Es wird plötzlich langweilig oder fällt auf die Stufe des "postkatastrophalen Entertainments" (Matthias Beltz) zurück. Nun erscheinen erste Betrachtungen, die das Phänomen nüchterner und komplexer betrachten, es sinnvoller einordnen, gar rationale Lösungsvorschläge machen. Allerdings werden diese kaum mehr wahrgenommen. Denn nun setzt bereits der nächste Zyklus ein ...

Alarmismus ist kulturgeschichtlich nichts Neues - hysterische Angstepidemien begleiten die Menschheitsgeschichte. Nicht zuletzt basiert das katastrophische Lebensgefühl auf einem psychologischen "Angstlust"-Effekt, den der Publizist Friedrich Sieburg schon in der Nachkriegszeit, 1957, beschrieb:

Die Weltuntergangsstimmung durch scharfe Analysen ins allgemeine Bewusstsein zu heben und sie gleichzeitig auch noch zu genießen, gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen des Menschen von heute ... Der Alltag mit seinen tristen Problemen ist langweilig. Aber die bevorstehenden Katastrophen sind hochinteressant. Niemand soll uns um unsere Krise bringen! Wir haben ein Recht auf sie! Aber dass mir niemand zum jüngsten Gericht zu spät kommt!

Seit zu Beginn der siebziger Jahre die elektronischen Massenmedien eine wichtige Funktion übernahmen, scheint sich der "Issue Attention Cycle" jedoch immer stärker zu beschleunigen. Die Verlaufskurve von Phase 1 bis 4 liegt heute bei etwa drei bis vier Monaten. Es gibt aber auch Alarme, die ihre Wirkkraft über Jahrzehnte entfalten. ("Globalisierung" zum Beispiel, oder auch "Global Warming").
Alarmismus ist, wie ich in diesem Buch zeigen möchte, nicht nur ein kulturgebundener Reflex auf Bedrohungen, sondern verselbstständigt sich zu einer gewaltigen Industrie. Mit Alarmismus kann man Politik machen; Machtpolitik, Geldpolitik, Mentalpolitik. Hier geht es um die "große Knappheit" der Informationsgesellschaft: Aufmerksamkeit. Wodurch kann man Aufmerksamkeit besser organisieren als durch Ängste? Und wodurch kann man Macht besser erreichen oder festigen als durch Inszenierungen von Angst?
Alarmismen erzeugen ständig neue Nachfragen nach Angstfetischen, seien es obskure Geräte gegen Magnetstrahlen oder Turnschuhe aus Bio-Jute. Sie generieren völlig neue, durchaus sinnvolle Marktsegmente, etwa den Bio-Lebensmittelmarkt. Aber nur der amerikanische Alarmismus bringt es fertig, innerhalb von einem Jahr die gesamte Nahrungskette zu verändern, sodass inzwischen in allen Supermärkten Fleisch, Eier und Fett ganz vorne in den Theken stehen, während Nudeln und Müsli in die Schmuddelecke befördert wurden! Und das alles nur, weil "Wissenschaftler festgestellt haben", dass die grassierende Fettleibigkeit an zu vielen Kohlehydraten liegt!
Wie also funktioniert dieses System? Woraus speist es seine enormen mentalen Energien? Wer sind die Spieler auf dem Feld? Und vor allem: Wie müssen wir es interpretieren? Ist das Ganze nur ein Medienspektakel, das uns letztendlich ein wenig unterhalten, gruseln und das Fürchten lehren soll - ein zwar irgendwie überhitztes, aber funktionierendes Frühwarnsystem?
Oder haben wir womöglich gute Gründe, im Namen der Zukunft nicht nur skeptisch, sondern gar alarmistisch gegenüber dem Alarmismus zu sein?

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Mittwoch, 13. Februar 2008

Was ist die Scharia und was hat sie mit uns zu tun?

Interview mit Christine Schirrmacher aus Anlass des Erscheinens ihres neuesten Buches in der Reihe „Hänssler kurz und bündig“

(Bonn, 08.02.2008)
BQ (Bonner Querschnitte): „Die Scharia“ „kurz und bündig“ in 2 Stunden! Können Sie uns auch in 2 Sätzen sagen, was die Scharia ist?

Christine Schirrmacher: Unter der Scharia versteht man die mit dem Islam begründeten Regeln für die Religion (Gebet, Fasten, Feste, Wallfahrt, Almosen), für Ehe und Familie (Ehe- und Erbrecht), für das Strafrecht und den öffentlichen Raum, also die Politik. Die Grundlagen der Scharia finden sich im Koran, in der islamischen Überlieferung (den Berichten über Muhammad und seine Gefährten) und in den Auslegungen von Theologen und Juristen der ersten islamischen Jahrhunderte – sie sind aber nie in einem einzigen Buch gesammelt worden. Die Scharia muss deshalb immer wieder interpretiert werden, das macht sie flexibel. Ihre Entstehung im 7.-10. Jahrhundert und ihre Unantastbarkeit als göttliches Gesetz macht eine grundsätzliche Kritik jedoch sehr schwer.


BQ: In welchen Ländern spielt die Scharia denn eine große Rolle?

CS: Vor allem dort, wo sich einzelne Länder allein auf die Scharia als Gesetzesgrundlage berufen, wie z. B. Pakistan, Jemen, Iran, Sudan. Das bedeutet nicht, dass sie dort auch ganz umgesetzt würde – das ist höchstens zu Teilen der Fall. Aber sie prägt dort und zu Teilen auch in anderen Ländern das Rechtsdenken der Bevölkerung.

Auch alle anderen islamisch geprägten Länder berufen sich auf die Scharia als eine ihrer Gesetzesgrundlagen; eine Ausnahme ist lediglich die Türkei, wo Kemal Atatürk im Zuge der Gründung der türkischen Republik 1923/1924 die Scharia offiziell abschaffte.


BQ: Ein religiöses Gesetz? Was hat das denn mit Politik zu tun?

CS: Religion und Gesetz sind im Islam eng miteinander verzahnt. Dies war schon bei Muhammad der Fall, der zugleich religiöser Führer und Gesetzgeber, aber auch Heerführer seiner ersten Gemeinde war. Die Erb-, Ehe- und Strafgesetze, die er erließ, begründete er mit der Religion des Islam, also göttlichen Vorschriften. Auch wenn diese Gesetze später von Juristen und Theologen unterschiedlich interpretiert wurden, bleibt doch die eigentliche Begründung der Scharia eine religiöse. Weil es sich nach muslimischer Überzeugung um das Gesetz Allahs handelt, darf es nie offiziell hinterfragt, geändert oder kritisiert werden.


BQ: Warum sollte sich ein Deutscher mit der Scharia beschäftigen. Ist das nicht ein fernes Problem?

CS: Schon lange nicht mehr. Zum einen prägt auch hier die Scharia das Rechtsdenken vieler Muslime, ist ihr ideeller Bezugspunkt für ein Leben in einer erstrebenswerten „gerechten“ Gesellschaft, die nach göttlichen Maßstäben organisiert wäre anstatt nach den weltlichen, von Menschen erdachten Richtlinien der Demokratie.

Auch hierzulande propagieren manche muslimischen Gruppen, dass die Scharia das einzige gerechte System auf Erden ist und allen Menschen Frieden bringen würde, wäre sie nur erst überall eingeführt. Die Scharia steht jedoch mit ihrem rigiden Strafrecht (Amputation, Auspeitschung, Steinigung, Wiedervergeltung) den Menschen- und Freiheitsrechten der UN-Menschenrechtserklärung und damit den Grundlagen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entgegen. Ebenso ist die in der Scharia verankerte rechtliche Benachteiligung der Frau im Erb- und Eherecht und die Verurteilung des vom Islam „Abgefallenen“ zum Tode noch nicht einmal als rein theoretischer Anspruch akzeptabel, auch wenn es in islamischen Ländern kaum je Gerichtsprozesse wegen Apostasie gibt (dafür kommen aber Konvertiten manchmal durch Selbstjustiz der Familie oder Gesellschaft um). In Deutschland wurde in der Vergangenheit bei einzelnen Prozessen ein nicht-europäisches Rechtsempfinden aufgrund des kulturellen Hintergrundes eines Täters aus einem nahöstlichen Kulturkreis (z. B. im Falle von Ehrenmord oder ehelicher Misshandlung) als mildernder Umstand gewertet – m. E. ein nicht zu rechtfertigendes Zugeständnis an Scharianormen in Deutschland, wo Recht und Gesetz gleichermaßen für alle Menschen gelten muss.

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Sonntag, 10. Februar 2008

Olmert kommt nach Deutschland

Israels PM Olmert kommt nach Deutschland und natürlich beschäftigen sich deutsche und israelische Medien mit dem Besuch.

Was sind die kritischen Punkte?
1. Natürlich - der Nahost-Konflikt.

Interessanter sind aber vielleicht die anderen Themen:
2. Das iranische Atomprogramm und seine Drohungen gegen Israel
Die neue UN-Sanktionen, die möglicherweise gar nicht von allen im Sicherheitsrat angenommen werden, werden auf jeden Fall den florierenden Handel zwischen Deutschland und Iran nicht behindern . Deutschland war in der Europäische Union der größte Exporteur in den Iran und 2007 (3,5 Milliarden Euro Warenwert), verkauften sie für fast 1,5 Milliarden Euro Engineering-Produkte und High-Tech-Geräte, zwei Kategorien, die sich in der Grauzone von "Dual-use-Technologie" bewegen. Das ist "Made in Germany"-Ware, die entweder für eine nicht-militärische Nutzung oder für die Schaffung eines nuklearen Waffenarsenal angewendet werden können.
Ende Januar hat der deutsche Maschinenbau-Riese Siemens, der im "Dual-Use-Energie"- und im medizinischen Sektor im Iran aktiv ist, eingeräumt, dass er für 19 Millionen Euro iranische Amtsträger bestochen hat, um Geschäfte zu machen. Die genaue Art der quid pro quo im deutsch-iranischen Bestechungsskandal bleibt ein Geheimnis.)

Dieser Abschnitt stand übrigens nicht in der deutschen Zeitung!! 3,5 Milliarden €. Viel Geld. Kein Wunder, dass deutsche Politiker so zögerlich gegen den Iran vorgehen, oder?

3. Die Verwunderung der israelischen Seite, dass in Deutschland die Drohung des Irans, Israel von der Landkarte zu fegen, immer noch heruntergespielt wird. Gerade Deutschland sollte da etwas mehr Fantasie haben! Aber: Siehe Punkt 2.

4. Jährliche Konsultationen
Bei dem Besuch Olmerts in Berlin werden nach Merkels Worten die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen im März dieses Jahres in Jerusalem vorbereitet. Anlässlich des 60. Gründungsjahrestages Israels solle mit jährlichen Beratungen begonnen werden.
Die Fachminister sollen eine Reihe von bilateralen Projekten beraten, «die ganz wesentlich auch in die Zukunft blicken».

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Palästinensische Selbstmordattentäterinnen - ein interessanter Einblick

Die israelische Regisseurin Natalie Assouline hat über zwei Jahre Palästinenserinnen begleitet, die nach gescheiterten Selbstmordanschlägen in Israel inhaftiert wurden. Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE spricht die Regisseurin über ihren Berlinale-Film "Shahida – Bräute Allahs".

Assouline: (...) Reue ist bei den Täterinnen kaum zu entwickeln. Im Gegenteil wird ihre religiöse Überzeugung, richtig gehandelt zu haben, unter ihresgleichen noch stärker. Sie fühlen sich im Gefängnis freier denn je, nicht mehr gesellschaftlich unterdrückt oder mit zu hohen Erwartungen konfrontiert. Manche Frauen haben mir gestanden, absichtlich die Verhaftung provoziert zu haben – nur um ihrem sozialen Umfeld zu entfliehen.

SPIEGEL ONLINE: Aus welchen gesellschaftlichen Schichten kommen die von Ihnen porträtierten Frauen?

Assouline: Sie kommen aus der Unter- und Mittelschicht. In einer Gesellschaft, die hohen Wert auf Anpassung legt und Frauen so gut wie keine Freiräume zugesteht passten die meisten von ihnen nicht in die weibliche Norm. Mit ihren Attentaten verbanden sie die Hoffnung auf größere Akzeptanz.

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Türken in Deutschland - Ausländer oder Deutsche?

Durch die Ereignisse in Ludwigshafen ist das Thema Türkei und Türken in Deutschland weit oben.
In der Welt wird über den türkischen PM Erdogan berichtet, der in KölnArena vor etwa 20.000 meist türkischen Zuhörern, die aus ganz Deutschland, aber auch aus Frankreich, Belgien und den Niederlanden angereist waren, sagte:
"Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ich verstehe sehr gut, dass ihr gegen die Assimilierung seid. Man kann von euch nicht erwarten, euch zu assimilieren."

Es sei zwar wichtig, Deutsch zu lernen, aber die türkische Sprache dürfe darüber nicht vernachlässigt werden. Die Türken stünden in Europa vor der Herausforderung, ihre Identität und ihre Kultur zu bewahren. Im Übrigen betonte er die Friedfertigkeit aller im Ausland lebenden Türken: "Wir haben mit Hass überhaupt nichts zu tun, wir haben mit Feindschaft, mit Streit und Gewalt überhaupt nichts zu tun."

Die verschiedenen Presseorgane schrieben dann auch mal von "Erdogan fordert mehr Integration von Türken" (ZDF) bis zu "Assimilierung ist Verbrechen": Erdogan warnt Landsleute" (n-tv).

Naja. Eine klare Aufforderung zur Aufgabe von Parallelgesellschaften und zur Integration sieht anders aus. Und dass Türken im Ausland "mit Hass, Feindschaft, mit Streit und Gewalt überhaupt nichts zu tun haben", halte ich für ein Gerücht, um es vorsichtig auszudrücken. Genauer: Eine Lüge.

In der FAZ dagegen wird dargestellt, warum junge Muslime Probleme in unserer Gesellschaft haben/machen:
"Diese im Kern auf Gehorsam, Nichtinfragestellen von religiösen und weltlichen Autoritäten, auf Vergeltung und nicht auf Vergebung gerichtete Weltsicht prägt die Sozialisation der Kinder. Heute, hier, mitten in Deutschland. Und sie ist das Erziehungsmuster in den muslimischen Familien, in Koranschulen, in den Moscheen. Auch die Islamverbände vertreten diese autoritären Erziehungsziele und geben sie in der Öffentlichkeit als Integrationsarbeit aus."

"Vergeltung statt Vergebung". Haben wir hier ein Kernproblem? Ich denke schon. Die Bibel lehrt uns klar, dass wir Vergebung brauchen.

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Freitag, 8. Februar 2008

Video über verfolgte Christen dieser Welt

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OpenID - eine nette Alternative?

Klingt das nicht verführerisch? Ein Nutzername und ein Passwort für diverse Anwendungen im Internet?

Nie mehr das Passwort für irgendeine Website vergessen, man hat für alle Seiten immer die gleichen Login-Daten. Man kann sich überall ohne Probleme anmelden, kann für seinen Blog Bilder aus Flickr holen oder online die eigenen Emails mit Dokumenten aus Google ergänzen. Schöne, neue Welt ...

Wirklich???

"OpenID" heißt das Zauberwort und funktioniert so, dass man sich bei einem Anbieter ein persönliches Login holt, so eine Art Personalausweis für das Internet. Dieses Login ist fest mit meiner Person verbunden.
Wenn ich dann auf eine Seite komme, auf der ich meine Login-Daten eingeben soll, gebe ich die Open-ID-Daten ein. Dort wird dann aber nicht mehr in eigenen Datenbanken nachgeschaut, ob die Daten stimmen, sondern die Login-Daten werden an einen Open-ID-Anbieter (davon gibt es mehrere mit unterschiedlichen Interessen) weitergeleitet, der dann sagt: "Daumen hoch" oder "Daumen runter".
Was auf den ersten Blick wie eine riesige Erleichterung für den User aussieht, hat durchaus seine Tücken und auch schwerwiegende Probleme.

Im Spiegel wird beschrieben, dass sich jetzt auch die 3 großen Global Player Microsoft, Google und Yahoo sehr für OpenID interessieren.

Und spätestens da sollte man anfangen, nachzudenken.
Alle, die mit dem Begriff "OpenSource" (Firefox, Thunderbird, etc.) etwas anfangen können, werden bei der Vorsilbe "Open" grundsätzlich positive Gefühle entwickeln. Aber hier ist
das der "Wolf im Schafspelz".

Denn - wie schon oben beschrieben - es gibt verschiedene OpenID-Anbieter mit unterschiedlichen Interessen. Z.B. ist Yahoo ein OpenID-Anbieter.
Wenn ich also meine OpenID über Yahoo beziehe, kann Yahoo eine wunderbare Datenbank mit meinem Bewegungsprofil erstellen, denn jedesmal wenn ich mit meiner OpenID irgendwo anmelde, landet diese Information bei Yahoo. Was wird die Folge aus diesem Wissen sein? Werbung, Spam, etc.

Aber auch Pishing (=Password fishing) ist ein Problem. Denn habe ich erst einmal eine OpenID eines Nutzers, kann ich mich mit dieser z.B. bei ebay anmelden und dort fröhlich Dinge ersteigern. Großer Schaden kann dadurch entstehen.

Also: Besser Finger weg von OpenID.

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Brand in Ludwigshafen - wo zeigen Politiker Präsenz?

Sowie der türkische Ministerpräsident Erdogan in Ludwigshafen nach dem verheerenden Brand Präsenz gezeigt hat, können sich viele Politiker ein Stück davon abschneiden. Natürlich war der Zeitpunkt "günstig" - Erdogan plante sowieso, dieses Wochenende in Deutschland zu sein -, aber für viele war sein Aufenthalt und seine Ansprache eine Hilfe.

Türkische Zeitungen hatten schnell und heftig Kritik an den deutschen Rettungskräften geübt und sofort einen fremdenfeindlichen Hintergrund unterstellt. Trotz der ungeklärten Brandursache waren sie in den vergangenen Tagen fest von einem neonazistischen Anschlag ausgegangen und hatten Parallelen zu dem tödlichen Brandanschlag von Solingen 1993 gezogen.

Soweit die Fakten. Was ist bemerkenswert und was ist anzumerken?
Erdogan kommt nach Deutschland und kümmert sich vor Ort um die Situation, versucht zu beruhigen und unterstützt die operativen Kräfte.

Wo waren deutsche Politiker, als z.B. Marco W. aus Uelzen monatelang in einem türkischen Untersuchungsgefängnis saß?
Richtig! In Berlin und Brüssel und Hannover. Auf ihren Stühlen in den warmen Büros. Dort haben sie mal weniger, mal mehr vernünftige Dinge von sich gegeben, auf jeden Fall gab es einigen Ärger.

Wo war aber türkische Ministerpräsident Erdogan, als z.B. in der Türkei im April letzten Jahres 1 Deutscher und 2 Türken bestialisch umgebracht wurden, weil sie Christen waren?
Oder nach dem Mord am Priester Andrea Santoro in Trabzon, dem Mord an dem armenischen Journalisten Hrant Dink, der Entführung des Priesters Edip Daniel in Midyat, dem durch Messerstiche verwundeten Priester Adriano Tranchini bei Izmir und einem durch den türkischen Geheimdienst dieser Tage verhinderten Mordversuch an einem türkischen evangelischen Pastor in Antalya?

Da hätte man sich auch gewünscht, dass Politiker aufgestanden (und sich auch auf den Weg gemacht hätten) und dafür gesorgt hätten, dass Ruhe einkehrt und die Rechtsstaatlichkeit verteidigt wird.
Aber weder deutsche noch türkische Politiker waren vor Ort und haben sich die Sache zu ihrer eigenen gemacht. Sie haben sich auch nicht hinter die Christen in der Türkei gestellt und ihnen ihre Hilfe angeboten.
Türkische Christen leben heute in großer Angst und teilweise sogar in Verfolgung.

Hierzu auch ein Ausschnitt aus der Sendung "report":

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Donnerstag, 7. Februar 2008

Englischer Erzbischof: Sharia jetzt einführen!

Dr. Rowan Williams, der Erzbischof von Canterbury, hat einen politischen Sturm ausgelöst, indem er forderte, dass Aspekte der Sharia in Großbritannien angewendet werden. Williams sagte, es "scheine unumgänglich", dass Elemente des islamischen Gesetzes wie Scheidungsvorgänge in das britische Gesetz aufgenommen würden.
Dr. Williams sagte, dass das Vereinigte Königreich "sich der Tatsache stellen müsse", dass sich einige Bürger nicht mit den britischen Gesetzen identifizieren und argumentierte, dass das offizielle Bewilligen der Sharia die Beziehung der gesellschaftlichen Gruppen untereinander verbessern würde

Kein Kommentar - mir fehlen die Worte.

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Mittwoch, 6. Februar 2008

Wissenschaft: Meinung oder Fakten?

Wie stehe ich als Christ zur Wissenschaft? Bin ich per se der viel beschrieene Feind der Wissenschaft, nur weil ich deren Erkenntnisse nicht als "ultima ratio" sehe, sondern immer nur als eine Zwischenerkenntnis?
Nein, ganz bestimmt nicht, denn das sehen auch Nicht-Christen und sogar Atheisten ganz genau so. Wissenschaftliche Erkenntnisse haben immer nur eine bestimmte Haltbarkeit. Sie ist dann vorbei, wenn die nächste Erkenntnis kommt, die die vorherige über den Haufen wirft. Das ist hundertfach in der Vergangenheit so passiert.
Wie aber verhält sich dieses Prinzip bei so strittigen - weil existenzielle Fragen betreffenden - Themen wie Klimawandel oder Evolution/Schöpfung?
Da werden diese Prinzipien auch mal schnell über den Haufen geworfen, wenn es denn der Stärkung der eigenen Meinung dient.

Ein schönes Beispiel so einer Posse (es geht um die Frage, wie schnell unser Klima kippen kann) kommentiert die "Zeit":
Gerade darum ist die Wissenschaft in der Pflicht, Wissen zu generieren, das wirklich als belastbare Basis für eine gesellschaftliche Debatte taugt. Dazu gibt es eindeutige Qualitätsstandards und eine klare wissenschaftliche Methodik. In ihrem Kern sitzt der Zweifel: Sind die eigenen Ergebnisse wirklich sicher? Muss man mit einer noch besseren Methode forschen? Wo sind die Fehler im bisherigen wissenschaftlichen Verständnis? Nur wenn dies die Forschung antreibt, kann sie immer besser werden. Kollektive Mutmaßungen aus einer Auswahl weltweiter Labors haben innerhalb dieser Regeln keinen Platz als Bausteine im großen Gebäude des Wissens.
Hier der ganze Artikel.

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Dienstag, 5. Februar 2008

Iran: Ungeschminkt - wie wir es schon kennen, aber es keiner hören will

Ayatollah Ahmad Jannati ist nicht irgendwer im Iran. Er ist Vorsitzender des totalitären Organs des Wächterrates. Er kritisierte die arabischen Regierungen, die den US-Präsidenten überhaupt einladen. In seinem Freitagsgebet am 25. Januar sagte er über den US-amerikanischen Präsidenten: „Dieser kleine Mann kommt in islamische Länder und anstatt dass ihr ihn mit einem Schwert köpft, gebt ihr ihm auch noch ein Schwert.“
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Ahmadinedschad propagiert den „Export der Kultur des Märtyrertodes für die ganze Welt.“ Dies ist nicht mehr und nicht weniger als dass ein Präsident eines UNO-Staates den Export des Terrorismus propagiert.

Iran: Der Ernstfall
von Wahied Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE

Zum ersten Mal hat ein Oberbefehlshaber der iranischen Revolutionsgarden ein Interview in einem ausländischen Fernsehsender gegeben. General Mohammad Ali Dschafari warnte die Vereinigten Staaten von Amerika. Die islamische Einheit könne die größte Macht der Welt erzeugen, sagte er in Al Jazeera.

Auf die Frage was General Dschafari vom Besuch des Präsidenten Bush Anfang Januar im Mittleren Osten halte, antwortete dieser: Die US-Regierung habe zunächst versucht Iran und seine muslimisch-arabischen Nachbarn zu spalten. Die Reisen des Präsidenten Ahmadinedschad haben aber dazu geführt, dass die Einheit des Iran und dessen Nachbarn gestärkt werde. Daher seien inzwischen die Sorgen der amerikanischen Regierung gestiegen. Der iranische General fährt fort: „Danach entschied sich der amerikanische Präsident die Region zu besuchen und seine Lügen, die wir seit 30 Jahren kennen, weiter zu verbreiten. Ohne Zweifel war das Ziel dieser Reise die Spaltung des Iran von den Ländern in der Region.“ Zudem habe der Präsident das „Jerusalem besetzende Regime“, gemeint ist Israel, unterstützen wollen.

General Dschafari geht davon aus, dass für den Iran infolge der Reise des amerikanischen Präsidenten „keine neuen Sicherheitsprobleme“ entstanden seien. Denn Iran sei ein zu mächtiger Staat. General Dschafari ist davon überzeugt, dass Bush nicht in den Mittleren Osten gereist sei, um einen Krieg vorzubereiten. Denn die US-Politik habe eine große Niederlage erlitten, wegen der Stellungnahmen der Internationalen Atomenergiebehörde, aber auch infolge des Berichtes der 16 US-amerikanischen Geheimdienste. Diese hatten berichtet, dass der Iran sein militärisches Atomprogramm gestoppt habe.

Dem iranischen General zufolge ginge es dem amerikanischen Präsidenten nicht um den Iran, aber eher um Israel. Präsident Bush habe das Ziel verfolgt die arabischen Regierungen unter Druck zu setzen, damit sie schweigen, wenn die Israelis den Gaza-Streifen „umzingeln.“
Dschafari wurde gefragt, wie sich die militärische Macht des Iran darstelle. Er wich aus und hob die „moralische Macht des Islam“ hervor, die unter Führung von Ayatollah Khomeini zur „Wachsamkeit“ der islamischen Welt geführt habe. Der General sagte: „Die islamische Einheit und die Wachsamkeit kann die größte Macht erzeugen, insbesondere wenn diese Macht sich im Rahmen einer Regierung, eines Herrschaftssystems und einer Ummat befindet.“ Der iranische General glaubt, dass der Westen deswegen seit dem Sieg der „Islamischen Revolution im Iran“ sehr besorgt sei.
Historische Fakten sprechen aber eine andere Sprache. Die Wahrscheinlichkeit, dass die islamische Welt unter die Führung des iranischen Regimes gerät, ist kaum gegeben.

Dschafari sagt, er würde nie von den „materiellen und militärischen Möglichkeiten des Iran und von dessen Waffen sprechen.“ Aber die Amerikaner würden stets ihre materielle und militärische Macht hervortun. Die US-Amerikaner seien „alte Feinde der islamischen Revolution.“ Aber die vermeintliche Masse der Anhänger der Islamischen Revolution spielt für den iranischen General eine unterstützende und erwähnenswerte Rolle. In der Tat könne eine große Macht aus dem Sieg der islamischen Revolution erwachsen. Denn die Unterstützer dieser Revolution seien vor allem die iranische Bevölkerung und hinzu kämen die Muslime anderer Regionen dieser Welt.

Auf die Frage, was der Iran machen werde, falls die USA den Iran angreifen würden, erinnerte der iranische General an das Durchhaltevermögen der Iraner im achtjährigen Krieg gegen den Irak. Iran beherrsche zwar nicht die militärische Stärke des Westens, sei aber bereit sich um jeden Preis zu verteidigen. Dschafari antwortete auf die Frage, wie sich die iranische Regierung verhalte, falls die USA den Iran militärisch aus einem benachbarten Land angreifen würden, wie folgt: „Es ist unser natürliches Recht einen solchen Angriff zu beantworten. Ich kenne die Sorgen der Nachbarstaaten. Auf jeden Fall sind dort US-amerikanische Militärs stationiert. Es ist jedenfalls unser Recht mit allen Mitteln, ob mit Raketen oder anderen Waffen zu antworten.“

Das iranische Militär würde dennoch darauf achten die arabische Zivilbevölkerung zu schützen und nur amerikanische Ziele anvisieren. Die technologische Entwicklung der iranischen Armee würde den Iranern durchaus erlauben zielgenau zu treffen. Der General schloss das Interview mit folgendem Satz: „Wir alle glauben, dass Amerika der Feind aller Muslime ist und es ist unsere Pflicht uns gegen die Weltarroganz zu erheben und diese niederzuwerfen. Es ist auch die Pflicht aller Muslime jedem muslimischen Land zur Hilfe zu kommen, wenn dieses von Amerika angegriffen wird.“ Die Zeitschrift der iranischen Revolutionsgarden veröffentlichte das oben zusammengefasste Interview am 28. Januar.
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Ayatollah Ahmad Jannati ist nicht irgendwer im Iran. Er ist Vorsitzender des totalitären Organs des Wächterrates. Er kritisierte die arabischen Regierungen, die den US-Präsidenten überhaupt einladen. In seinem Freitagsgebet am 25. Januar sagte er über den US-amerikanischen Präsidenten: „Dieser kleine Mann kommt in islamische Länder und anstatt dass ihr ihn mit einem Schwert köpft, gebt ihr ihm auch noch ein Schwert.“

Und ein iranischer Militärexperte meint, dass im Ernstfall Iran kraft seiner Mittelstreckenraketen, die eine Reichweite zwischen 2500-3000 km haben mindestens die Hälfte von Israel zerstören könnte, zumal die Hisbollah dem Iran in einer kriegerischen Auseinandersetzung beistehen würde.

Immerhin ist sich auch der iranische Präsident Ahmadinedschad sicher, dass Israel es „nie wagen würde Iran anzugreifen.“ Denn solche Maßnahmen würden nicht den „Kollaps des zionistischen Regimes verhindern.“

Derselbe Präsident sprach erst am 29. Januar von einer „göttlichen Kultur des Märtyrertums“. Nur der Märtyrertod der Jihadisten hat nichts mit dem Martyrium von Urchristen zu tun. Denn Ahmadinedschad propagiert den „Export der Kultur des Märtyrertodes für die ganze Welt.“ Dies ist nicht mehr und nicht weniger als dass ein Präsident eines UNO-Staates den Export des Terrorismus propagiert.

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Montag, 4. Februar 2008

Briten nennen "islamischen Terror" jetzt "anti-islamische Aktivitäten"

Ab sofort wird in der britischen Regierung von "anti-islamischen Aktivitäten" anstatt von "islamischem Terror" gesprochen.
Der Grund dafür, so Innenministerin Jacqui Smith, sei, dass sich Extremisten gegen ihren Glauben verhalten und nicht im Namen des Islam handeln.
Der direkte Verbindung zwischen Islam und Terrorismus, so die Ministerin weiter, sei "brandstiftend" und "entfremde" die normalen Muslime.

Na, wenn sie sich da mal nicht irren. Es gibt genügend Leute, die den Koran und den Islam etwas anders interpretieren. Es gibt viele Stellen im Koran, die davon sprechen, die Ungläubigen zu unterwerfen, ggf. auch zu töten und eine einheitliche Welt des Islams zu schaffen.

Das ist Populismus und die 3-Affen-Haltung: Wir sehen nicht, wir hören nichts und wir sagen nichts (oder nennen die Dinge beim Namen).

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Islam und Christen und v.v.

Zur Person
Ursula Spuler-Stegemann wurde 1939 geboren. Sie studierte Orientalistik, Vergleichende Religionswissenschaft, Semitistik (u.a. Arabisch, Persisch und Türkisch) und Germanistik. Sie ist Honorarprofessorin an der Philipps-Universität in Marburg. Dort lehrt sie an den Fachbereichen „Gesellschaftswissenschaften und Philosophie“ und „Fremdsprachliche Philologien“ (Orientwissenschaft, Türkisch). Außerdem lehrte sie am Fachbereich Evangelische Theologie Religionsgeschichte mit dem Schwerpunkt Islam. Als Sachverständige berät sie politische Institutionen und war Mitglied der Ökumenischen Kammer der Landeskirche Kurhessen-Waldeck.

Hier äußert sie sich in einem Interview mit der WELT:

WELT ONLINE: Wir erfahren sehr viel über Christen, die Moslems geworden sind, hören aber wenig über Moslems, die zum Christentum gefunden haben. Woran liegt das?

Spuler-Stegemann: Zunächst daran, dass der Abfall vom Islam als abscheuliches Verbrechen gegenüber der Umma, der Gemeinschaft der Gläubigen, und als unvergebbare Sünde gilt. Konvertiten zum Christentum werden auch in Deutschland bedroht oder misshandelt. Wir haben – oder besser: der Islam – hat ein Gewaltproblem. Es darf in keinem demokratischen Land möglich sein, dass Menschenrechte, und die Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, mit Füßen getreten werden. Hier stehen die muslimischen Gemeinschaften in der Verantwortung!

WELT ONLINE: Islamischer Religionsunterricht – eine unendliche Geschichte. Nun gibt es seit einem Dreivierteljahr einen Ansprechpartner für den Staat: den Koordinierungsrat der Muslime. Dennoch geht es nicht voran. Warum?

Ursula Spuler-Stegemann: Der gordische Knoten ist tatsächlich noch nicht durchgeschlagen. Zum einen ist der Rat islamistisch orientiert, zum andern gibt es noch keine wirklich sachgemäße Lehrerausbildung, die unseren Grundgesetzvorstellungen entspricht.

WELT ONLINE: Im Koordinierungsrat ist aber auch die Ditib vertreten, der deutsche Arm der türkischen Religionsbehörde, die man eigentlich nicht als islamistisch einordnen kann.
Spuler-Stegemann: Sie hat als einzige der vier im Rat vertretenen Gruppierungen ein Vetorecht; das war der Preis für das Mitwirken. Aber die spannende Frage ist nicht nur, wohin der Rat tendiert, sondern wohin der türkische Staat tendiert. Es gibt schon gewisse Annäherungen der Ditib an die vom Verfassungsschutz beobachtete Vereinigung Milli Görush. Das muss uns besorgt machen. Dass sich die Ditib mit drei problematischen Verbänden zusammengetan hat – Zentralrat der Muslime, Islamrat, Verband der islamischen Kulturzentren–, das kann nicht ohne inhaltliche Annäherung abgegangen sein. Das macht mir Bauchschmerzen.

WELT ONLINE: Wie schätzen Sie die Rolle deutscher Konvertiten ein, die in den Verbänden eine gewisse Rolle spielen?

Spuler-Stegemann: Eigentlich könnten die eine Brücke sein, weil sie in unserem demokratischen System aufgewachsen sind. Aber oft genug erleben wir, dass gerade Konvertiten 150-prozentig zu ihrem neuen Glauben stehen.

WELT ONLINE: Die Kirchen bekennen sich ganz eindeutig zur Einführung von islamischem Religionsunterricht. Aus welchen Motiven wohl?

Spuler-Stegemann: Sie fürchten nicht zu Unrecht, dass eine Tendenz zu einem rein religionswissenschaftlichen Unterricht, wie er einigen vorschwebt, das Einfallstor zu einer Relativierung des klassischen christlichen Religionsunterrichts, nach den Grundsätzen der jeweiligen Religionsgemeinschaft, sein könnte oder dass er ganz aus dem Curriculum gestrichen wird. Das ist die Crux. Auf keinen Fall darf ein islamischer Verband den Unterricht übernehmen, wie in Berlin geschehen.

WELT ONLINE: Gigantische islamische Bauvorhaben in deutschen Großstädten sorgen für Schlagzeilen. Die Grundsatzfrage scheint noch nicht geklärt: Was ist eine Moschee: ein Gotteshaus oder ein Multifunktionsgebäude?

Spuler-Stegemann: Ob eine Moschee überhaupt als Gotteshaus bezeichnet werden kann, ist selbst innerhalb des Islam umstritten. Gar mancher Strenggläubige sagt, dass jeder Muslim an jedem Ort beten könne und man allenfalls für das Freitagsgebet Moscheen benötige. Aber es ist überhaupt keine Frage: Unsere Religionsfreiheit gestattet den Bau von Moscheen. Auffallend ist freilich, dass in jüngster Zeit große Moschee-Zentren gebaut werden – von manchmal ganz kleinen Vereinen. Der Gebetsraum ist nur ein kleiner, allerdings wesentlicher Teil. Teilweise entstehen zusätzliche Gebäude, so dass in der Tat der Eindruck einer islamischen Enklave und einer Parallelgesellschaft nicht von der Hand zu weisen ist. Und wir haben wenig verbandsunabhängige Moscheen.

WELT ONLINE: Wir haben es also meist mit Verbänden zu tun, die einen Islam vertreten, der nicht unbedingt politisch gewünscht sein kann?

Spuler-Stegemann: So ist es. Ich habe Probleme damit, wenn eine Moschee bewusst „Eroberermoschee“ (Fatih Camii) heißt oder „Hagia Sophia Moschee“ (Ayasofya Camii) als Symbol für die Eroberung von Byzanz 1453 und den damit verbundenen Niedergang Ostroms, also des christlichen Orients. Da greift man nicht zu hoch, wenn man sagt: Das kann eigentlich nur Programm sein! Diese Muslime wollen hier nicht nur ihre Präsenz zeigen, sondern sie auch verfestigen und ausweiten. Und wo der Minarettruf zu hören ist, da ist aus bestimmter muslimischer Sicht islamisches Terrain. Aber wir müssen natürlich auch an die Muslime denken, die vor dieser Auslegung des Islam hierher, zu uns, gekommen, ja geradezu geflüchtet sind. Sie brauchen auch eine Stimme.

WELT ONLINE: Moslemische Funktionäre sprechen von einer Hetze gegen den Islam. Einige vergleichen das sogar mit der Hetze gegen Juden.

Spuler-Stegemann: Das ist abenteuerlich! Unglaublich! Historisch nicht haltbar! Diese Opferrolle, in die sich Muslime hineinmanövrieren, verstehe ich nicht. Vor allem nicht angesichts der Medienpräsenz, die ihre Organisationen haben. Einer Instrumentalisierung unserer Geschichte muss auch seitens der Kirchen entgegengetreten werden, um das zu erreichen, was wir hierzulande am allernötigsten brauchen: eine Normalisierung im Umgang miteinander.

WELT ONLINE: Nicht zu leugnen ist freilich eine Islamophobie in Teilen unserer Gesellschaft.
Spuler-Stegemann: Schwarzweißmalerei gibt es, das bedrückt mich auch. Auf der anderen Seite haben wir es mit den Gutmenschen zu tun, den besonders Wohlwollenden. Und so schaukelt sich leider im Augenblick das Problem bedenklich hoch.

WELT ONLINE: Wir erfahren sehr viel über Christen, die Moslems geworden sind, hören aber wenig über Moslems, die zum Christentum gefunden haben. Woran liegt das?
Spuler-Stegemann: Zunächst daran, dass der Abfall vom Islam als abscheuliches Verbrechen gegenüber der Umma, der Gemeinschaft der Gläubigen, und als unvergebbare Sünde gilt. Konvertiten zum Christentum werden auch in Deutschland bedroht oder misshandelt. Wir haben – oder besser: der Islam – hat ein Gewaltproblem. Es darf in keinem demokratischen Land möglich sein, dass Menschenrechte, und die Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, mit Füßen getreten werden. Hier stehen die muslimischen Gemeinschaften in der Verantwortung!

WELT ONLINE: Was haben die Kirchen in der Auseinandersetzung mit dem Islam versäumt?

Spuler-Stegemann: Sie haben ihn zu lange ignoriert, haben nicht gemerkt, dass der Islam bei uns angekommen ist. Und dann haben sie gedacht, wir kommen nur gut miteinander aus, wenn wir uns ganz öffnen; das ist in brüderlicher und schwesterlicher Nächstenliebe, wenn auch manchmal etwas naiv, auch geschehen. Man hat nicht gefragt, welche Organisationen extremistisch sind oder ob die behauptete Verfolgung von Muslimen den Tatsachen entspricht. Man hat auf den Dialog gesetzt, ohne die kritischen Punkte anzusprechen. Und so lange man den christlichen Wertekanon auf den islamischen und vice versa den islamischen auf den christlichen überträgt, wird man unter falschen Voraussetzungen miteinander kommunizieren.

WELT ONLINE: Mit dem heftig diskutierten EKD-Papier „Klarheit und gute Nachbarschaft“ ist aber eine Wende eingetreten.

Spuler-Stegemann: Aber wenn man so viele Jahre schnurstracks wie auf einer Schiene gelaufen ist und nun bremsen oder zurückmarschieren will, so macht das Schwierigkeiten. Man konnte als kritischer Geist sagen, was man wollte, man war immer der Spielverderber. Tatsächlich ist die neue EKD-Handreichung eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorausgegangenen. Doch die Gegenschrift – mit Beiträgen überwiegend christlicher Theologen – ließ nicht lange auf sich warten. Schon der Untertitel „Wie sich die EKD gegen den Islam profiliert“ ist in sich widersinnig.

WELT ONLINE: Es war volltönend von den drei abrahamitischen Religionen die Rede: Christentum, Judentum, Islam. Heute gehen Kirchenleute dazu auf Distanz. Hier hat sich doch etwas verändert?

Spuler-Stegemann: Aber noch nicht genug. Und man kann nicht eine Zentralgestalt oder Symbolfigur wie Abraham für einen Trialog in Anspruch nehmen und Gemeinsamkeit vortäuschen. Wir müssen sehen, dass wir wirklich zu einem streitbaren, kritischen Dialog mit dem Islam finden. Nur dies kann zu eine, Ziel führen. Wir dürfen uns nicht in Scheingemeinsamkeiten verstricken. Ob wir freilich mit den Vertretern der bestehenden Organisationen Brücken bauen können oder sollten, das ist die große Frage. Wir können diese Verbände nicht wegdrücken, sie sind da, aber wir müssen ernsthaft nach wirklich gleichwertigen liberalen Partnern suchen, mit denen wir gemeinsam die Zukunft gestalten können – sie gibt es; aber nicht dort.

WELT ONLINE: Ein dezidierter theologischer Dialog mit den bestehenden Verbänden scheint allerdings unmöglich. Oder?

Spuler-Stegemann: Ja. Ist denn Herr Köhler vom Zentralrat Theologe? Oder Herr Kizilkaya vom Islamrat? Den Organisationen fehlt das theologische Potenzial. Deshalb gilt unsere bescheidene Hoffnung den Professuren, die sich allmählich an unseren Universitäten etablieren.

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Hisbollah-Satellitensender "Al-Manar" wird in Frankreich gekippt

Für die französischen Verwaltungsrichter ist es erwiesen, dass Al-Manar in seinen Programmen «zu Hass und Gewalt wegen Religion oder Nationalität anstiftet». Der Sender steht angeblich der extremistischen Hisbollah nahe und solidarisiert sich nicht nur in den Debatten und Nachrichten, sondern auch in den Unterhaltungsprogrammen mit dem Kampf der Palästinenser.


Der Staatsrat, Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht, hat angeordnet, dass Eutelsat die Ausstrahlung des libanesischen Fernsehsenders Al-Manar innert 48 Stunden einstellen muss. Die französische Justiz will damit ein Exempel im Kampf gegen antisemitische Hetze statuieren.

Für die französischen Verwaltungsrichter ist es erwiesen, dass Al-Manar in seinen Programmen «zu Hass und Gewalt wegen Religion oder Nationalität anstiftet». Der Sender steht angeblich der extremistischen Hisbollah nahe und solidarisiert sich nicht nur in den Debatten und Nachrichten, sondern auch in den Unterhaltungsprogrammen mit dem Kampf der Palästinenser.
Diese Parteinahme störte nicht nur Israel, denn sie glitt auch nach Auffassung der französischen Medienhüter von der politischen Kritik am Zionismus in offenen Judenhass. Schon 2003 hatte in Frankreich der Repräsentative Rat der Jüdischen Institutionen Alarm geschlagen, als auf Al-Manar eine plump antisemitische Serie ausgestrahlt wurde. Damit begann ein juristisches Seilziehen, ohne das Al-Manar unter den zahlreichen Satellitensendern vielleicht in anonymer Bedeutungslosigkeit verblieben wäre. Das Verbot aber verhilft den libanesischen Fernsehmachern zu unverhofftem Ruhm, sie bezeichnen sich als Märtyrer und als Opfer «einer von der zionistischen Lobby in Frankreich organisierten Kampagne». Und bereits drohen die libanesischen Medienbehörden französischen Sendern mit Retorsionsmassnahmen.
Der französische Gerichtsentscheid ist spektakulär, seine unmittelbaren Folgen sind jedoch eher symbolisch. Eutelsat wird die Verbreitung von Al-Manar unterbrechen, was technisch gar nicht so einfach ist; denn zusammen mit Al-Manar werden auch acht andere arabische Fernsehprogramme für das Publikum in Europa ausgestrahlt. Dank Arabsat und via Internet kann man Al-Manar indes auch weiterhin empfangen. Paris schafft jedoch einen Präzedenzfall. Laut den Medienüberwachern des Conseil Supérieur de l'Audiovisuel müssen «zehn bis zwölf» andere Sender wegen rassistischer Programme mit ähnlichen Sanktionen rechnen.

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